Neurobiologie

Affenhirn steuert Roboterarm

Nervenzellen passen sich an künstliches Hilfsmittel an

Wenn Affen lernen, einen Robterarm über Gehirnsignale zu bedienen, handelt es sich dabei um weit mehr als nur die simple Bedienung einer körperfremden Apparatur. Neurobiologen vom medizinischen Zentrum der Duke Universität fanden heraus, dass die Affen durch Anpassung ihrer Gehirnstrukturen den Arm so behandeln, als gehöre er mit zu ihrem Körper.

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Die Forscher sehen darin die Möglichkeit, einerseits die außergewöhnliche Anpassungsfähigkeit des Primatengehirns besser zu verstehen. Andererseits könnte dies die Basis für die erfolgreiche Entwicklung von gehirngesteuerten Apparaturen sein, die es Behinderten ermöglichen, sich wieder aktiv zu bewegen. In einer im Journal of Neurobiology veröffentlichten Studie haben die Forscher Daten von früheren Experimenten analysiert, in denen zum ersten Mal beobachtet wurde, dass Affen in der Lage sind, einen Roboterarm nur mithilfe von Gehirnsignalen zu bewegen.

Affen am Joystick

In diesen Experimenten implantierten die Forscher eine Reihe von Mikroelektroden – jede dünner als ein menschliches Haar – in den Frontal- und Scheitellappen der Großhirnrinde von zwei weiblichen Rhesusaffen. Die schwachen Signale der Elektrodenanordnung wurden mit einem Computersystem aufgezeichnet und analysiert. Dieses hatten die Forscher entwickelt, um Signalmuster wieder zu erkennen, die bestimmten Armbewegungen entsprachen.

Im ersten Schritt der Versuchsreihe sollten die Affen mithilfe eines Joysticks einen Cursor auf ein Ziel einer Videoleinwand lenken. Zusätzlich erlernten sie, den Joystick mit einer bestimmten Kraft zu umfassen. Die Forscher zeichneten die Signale, die die Affen beim Erlernen dieser Fähigkeiten sendeten, auf.

Nach dem anfänglichen Training veränderten die Forscher den Cursor und bauten dynamische Elemente wie die Trägheit und Schwungkraft eines Roboterarms im Nachbarraum mit ein. Nach anfänglichen Schwierigkeiten lernten die Affen, dieses „Feedback“ des Arms mit einzubeziehen und den Cursor wieder effizient auf sein Ziel zu lenken. Im nächsten Schritt entfernten die Forscher den Joystick. Nach ein paar Tagen begriffen die Affen, dass sie ihre Arme nicht mehr zu bewegen brauchten, um die Position des Cursors zu verändern, sondern dass allein die Signale, die ihr Gehirn aussendet, die Funktion der Arme ersetzen kann.

Anpassung der Neuronen beobachtet

„Nach diesen Experimenten stellte sich die Frage, wie sich das Gehirn der Tiere an den Übergang zwischen Joystick und reiner Gehirnsteuerung anpasst“, erklärt Miguel Nicolelis, Leiter der Studie. Sein Kollege Mikhail Lebedev analysierte daher, was genau funktionell in den Gehirnzellen und Gehirnbereichen in dieser Phase passierte: „Grundsätzlich konnten wir deutlich zeigen, dass ein großer Prozentsatz der Neuronen immer ,trainierter’ wurde, ihr ‚Feuern’ korrelierte immer besser mit der Bewegung des Roboterarms.“

Die Forscher beobachteten eine Verlagerung der Neuronenfunktion. Ein Teil der Nervenzellen, die für die Bewegung des eigenen Arms zuständig waren, wurden von dieser Aufgabe abgezogen und der Kontrolle des Roboterarms zugeordnet. Diese Umordnung ist reversibel. Das heißt die Affen können beliebig hin und herwechseln, ob sie den Roboterarm oder ihren eigenen benutzen.

„Diese Ergebnisse zeigen uns, dass das Gehirn außerordentliche Fähigkeiten hat, sich an den Gebrauch künstlicher Instrumente anzupassen, egal, ob sie direkt durch das Gehirn gesteuert werden oder durch die eigenen Arme“, sagt Nicolelis. „Die Abbildung unseres Körpers im Gehirn ist so weit anpassungsfähig, dass es jedes Instrument mit einbeziehen kann. Das kann ein Roboterarm sein, aber auch ein Computerkeyboard oder ein Tennisschläger. In jedem Fall werden die Eigenschaften des jeweiligen Instruments in unseren neuronalen ,Raum’ eingebaut“, erklärte der Forscher.

Hilfe für Patienten mit Behinderungen

Das Ziel des Labors ist es, Hilfsmittel zu entwickeln, um gelähmten Menschen vollfunktionsfähige Ersatzmittel anbieten zu können. Im Moment arbeiten die Wissenschaftler daran, das Gehirn dahin zu bringen, eine Rückmeldung von einer Neuroprothese wahrzunehmen. So ein „Feedback“ könnte in Form von visueller Information über die Auswirkung einer künstlichen Armbewegung stattfinden oder es könnte als Tastempfindung über Elektroden dem Gehirn mitgeteilt werden. Diese Rückmeldung würde die Fähigkeit erweitern, mit derartigen Geräten umgehen zu lernen, so Nicolelis. Außerdem könnte es Amputierten den Gebrauch von Neuroprothesen erleichtern.

(Duke University, 12.05.2005 – PJÖ)

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