In einem spektakulären Auftakt zu ihrer ersten Saison der Ring-Beobachtungen hat die Sonde Cassini einen bisher unbekannten Saturn-Mond entdeckt. Er verbirgt sich in einer Lücke im äußeren A-Ring des Planeten. Wellen im umgebenden Ringmaterial gaben den Astronomen erste Hinweise auf seine Präsenz, neue Bilder der Sonde bestätigten jetzt die Indizien.
Die Sonde sichtete den neuen Mond, zunächst von den Astronomen provisorisch S/2005 S1 getauft, zuerst am 1. Mai, als sie ihre Umlaufbahn um den Saturn leicht veränderte. Schon einen Tag später lieferten die Bordkameras ein deutliches Bild des neu entdeckten Himmelskörpers, das bereits Rückschlüsse auf Größe und Helligkeit erlaubte.
Zweiter Zwerg im Ringsystem
Die Bilder zeigen den mit einem Durchmesser von rund sieben Kilometern eher zu den Zwergen im Saturnsystem gehörenden Mond im Zentrum der Keeler-Lücke. Diese liegt rund 250 Kilometer von der äußeren Kante des A-Rings entfernt und lässt an ihren Rändern Wellen erkennen, die auf den Einfluss der Anziehungskraft des kleinen Mondes zurückgehen.
Der neue Mond reflektiert rund die Hälfte des auf ihn treffenden Lichtes und verhält sich damit ähnlich wie die Partikel der umgebenden Ringe. “Es ist noch zu früh, um die genaue Form seiner Umlaufbahn auszumachen, aber was wir bisher von seiner Bewegung gesehen haben, deutet darauf hin, dass sie relativ nah am Zentrum der Lücke verläuft“, erklärt Joseph Spitale, Planetenforscher am Weltraumforschungsinstitut in Boulder, Colorado. Weitere Beobachtungen sollen jetzt klären, ob der Orbit kreisförmig oder elliptisch ist.
S/2005 S1 ist der zweite Mond, der innerhalb des inneren Ringsystems des Saturn entdeckt wurde. Außer dem mit 25 Kilometern Durchmesser auch eher kleinen Pan, der in der Encke-Lücke kreist, bewegen sich alle anderen Monde des Saturn außerhalb des Hauptringsystems.
Wellenschlag am Außenrand
Wissenschaftler des Bildauswertungsteams hatten die Anwesenheit des neuen Mondes bereits im letzten Juli vorhergesagt. Ihr Anhaltspunkt: Seltsame Spitzen und Streifen am Außenrand der Keeler-Lücke. Ähnliche Phänomene weisen auch der F-Ring des Saturn und die Encke-Lücke auf, die durch in ihnen kreisende Monde beeinflusst werden. Der Schluss, es könne möglicherweise auch in der Keeler-Lücke einen kleinen Himmelskörper geben, lag daher nahe.
“Die offensichtlichen Auswirkungen dieses Mondes auf das umgebende Material wird es uns erlauben, seine Masse zu bestimmen und unser Verständnis darüber auf die Probe stellen, wie Ringe und Monde sich gegenseitig beeinflussen“, erklärt Professor Carl Murray von der University of London. Nach Ansicht der Astronomen könnte der neue Mond, ähnlich wie andere Monde im Außenbereich der Ringe, relativ porös sein. Aus seiner Dicht können die Forscher wertvolle Hinweise darüber gewinnen, wie und wann der Mond entstand und welche Kollisionen er möglicherweise bereits hinter sich hat.
“In Ringlücken eingebettete Monde gehören zu den interessantesten dynamischen Systemen, die wir mit Cassini untersuchen wollen“, so Carolyn Porco, Leiterin des Bildauswertungsteams am Weltraumforschungsinstitut. „Indem wir untersuchen, wie ein solcher Körper mit dem umgebenden Ringmaterial interagiert, könne wir etwas darüber lernen, wie sich die Planeten aus der Staub- und Gaswolke in unserem Sonnensystem gebildet haben. Wir glauben, dass viele der Lücken in den Saturnringen eingebettete Monde haben. Wir werden jetzt nach ihnen suchen.“ Weitere Beobachtungen sollen im Laufe der nächsten Monate folgen.
(Particle Physics and Astronomy Research Council (PPARC), 12.05.2005 – NPO)