Einige menschliche Zellen setzen sich gegen das HI-Virus erfolgreicher zur Wehr als andere: Beispielsweise hemmen bestimmte Gehirnzellen, die so genannten Astrozyten, die Synthese von HIV-Bausteinen, aus denen infektiöse Viruspartikel gebildet werden. GSF-Wissenschaftler haben nun ein Protein entdeckt, das bei diesem zellulären Abwehrmechanismus eine Rolle spielen könnte.
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Wie die Forscher um Dr. Ruth Brack- Werner in der neuesten Ausgabe des Online-Journals Biomed Central Cell Biology berichten, kann das zelluläre Protein RISP (Rev Interacting Shuttle Protein) das für die Steuerung der HIV-Vermehrung zuständige HIV-Protein Rev in seiner Funktion behindern. Die Forscher hoffen aufgrund dieser Ergebnisse ganz neue Therapiewege gegen AIDS entwickeln zu können: Statt wie bisher bei der Bekämpfung des HIV direkt am Virus anzusetzen, könnten auch zelleigene Mechanismen genutzt werden, um das Virus in Schach zu halten.
HIV kann verschiedene Zelltypen im Blut und im Gehirn infizieren. Dazu gehören auch die Astrozyten, die im Gehirn am häufigsten vorkommenden Zellen. In HIV-infizierten Astrozyten ist die Virus-Vermehrung jedoch sehr stark eingeschränkt. Ein Grund dafür ist die verminderte Aktivität des HIV Rev-Proteins, das eine Schlüsselrolle für die Synthese von HIV-Strukturproteine spielt.
„Das Beispiel der Astrozyten spricht dafür, dass es Rev-hemmende menschliche Faktoren gibt“, erläutert Brack-Werner die mit ihren Mitarbeitern vom GSF-Institut für Molekulare Virologie zelluläre Mechanismen der HIV-Kontrolle untersucht. Tatsächlich gelang es den Wissenschaftlern, mit dem Protein RISP (Rev interacting shuttle Protein) einen neuen zellulären Faktor zu identifizieren, der die Aktivität von Rev in der Zelle hemmen kann.
Rev vermittelt den Transport von HIV Nukleinsäuren (mRNAs) aus dem Zellkern in das Zytoplasma, die dort für die Bildung von Viruspartikeln benötigt werden. Zu diesem Zweck bindet Rev an einen Kern-Exportrezeptor, mit dem auch RISP sehr stark interagiert. „Obwohl der Hemm-Mechanismus bisher noch nicht im Detail aufgeklärt ist, lässt diese Interaktion vermuten, dass RISP Rev daran hindert, den Transport der HIV-mRNAs zwischen Kern und Plasma einzuleiten.
„Mit einem von uns neu entwickelten HIV Indikatorsystem konnten wir nachweisen, dass die Aktivität von Rev sinkt, wenn viel RISP in der Zelle gebildet wird“, erzählt Brack-Werner. Falls sich der RISP-Gehalt HIV-infizierter Zellen steuern lässt, könnte die Nutzung der zellulären Hemm- Mechanismen ein ganz neuer Ansatz sein, um die HIV-Vermehrung nach einer Infektion unter Kontrolle zu halten.
Dies wäre eine interessante Alternative zu bisherigen AIDS-Therapien, denn „das Konzept, dass die Zelle selbst eine aktive Rolle bei der Bekämpfung des Virus spielen kann, ist ein grundsätzlich anderer Ansatzpunkt als bei herkömmlichen HIV-Therapien, die immer am Virus ansetzen“, betont Brack-Werner.
(idw – GSF – Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, 29.04.2005 – DLO)