Physik

Einstein für zu Hause

Einstein@Home: Gravitationswellenforschung auf dem heimischen PC

Ausschnitt des Einstein@home-Screensavers © Einstein@home

Die astrophysikalische Spitzenforschung nähert sich mit großen Schritten vollkommen neuen Einblicken in die Entstehung und Beschaffenheit unseres Universums. Doch die gewaltigen Datenmengen überfordern auch die modernsten Großrechner. Die Lösung: Die Nutzung des Internets und der freien Kapazitäten von PCs in aller Welt nach dem Vorbild von SETI@home.

Ein direkter Nachweis der von Albert Einstein 1916 vorausgesagten Gravitationswellen rückt in greifbare Nähe. Der deutsch-britische Gravitationswellendetektor GEO600 und die drei amerikanischen LIGO Detektoren sind empfindlich genug, um durch Gravitationswellen verursachte winzige Längenänderungen messen zu können. Jetzt geht es darum, die riesigen Datenmengen genau auszuwerten und den „Kräuselungen der Raumzeit“ auf die Spur zu kommen. Dazu sind enorme Computerkapazitäten erforderlich – Schätzungen zufolge ein vielfaches der Kapazitäten der bisher verfügbaren größten Superrechnern.

Die Lösung: In Anlehnung an SETI@Home wurde Einstein@Home entwickelt, um ein weltweites PC-Netzwerk in die internationale astrophysikalische Spitzenforschung einzubinden. Hunderttausende Nutzer weltweit werden so an wegweisenden Forschungsarbeiten teilnehmen können. Einstein@Home ist eines der bedeutendsten Projekte des im von den Vereinten Nationen ausgerufenen World Year of Physics und wurde am 19. Februar 2005 im Rahmen der Jahrestagung der American Association for the Advancement of Science (AAAS) erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.

Viele einzelne Rechner für das große Ganze

„Die Idee zu Einstein@Home entstand, als wir mit unseren amerikanischen Partnern über die riesigen Datenmengen diskutierten, die GEO600 und LIGO produzieren würden, so Professor Dr. Bernard Schutz, Direktor am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut/AEI). „Uns war klar: Kein Großrechner könnte die enormen Datenmengen ausreichend schnell bewältigen und analysieren, viele einzelne Computer zusammen hingegen können es schaffen. Mit Einstein@Home haben wir eine Lösung gefunden, die sich bereits bewährt hat. Mir gefällt daran besonders, dass interessierte Laien sich in das Projekt einklinken und an vorderster Front der Forschung dabei sein können. Vielleicht können wir so etwas von der ungeheuren Faszination vermitteln, die uns täglich antreibt. Und wer weiß, vielleicht werden auf einem privaten PC die entscheidenden Daten ermittelt.“

Unermüdlich an der Verwirklichung von Einstein@Home gearbeitet hat Professor

Bruce Allen. Er forscht sowohl am AEI als auch an der Universität Wisconsin – Milwaukee (UWM), USA und fasst die wohl wesentlichen Aspekte seiner Arbeit so zusammen: „Gravitationswellen existieren von Beginn an unverändert in unserem Universum, das macht sie so unglaublich aufregend. Aber sie verbergen sich im kosmischen Rauschen wie die Nadel im Heuhaufen, das macht die Suche nach ihnen etwas schwierig. Wir suchen zunächst vor allem nach Signalen aus extrem dichten, schnell rotierenden Sternen, den Neutronensternen bzw. Pulsaren. Gerade sie senden besonders charakteristische Gravitationswellen aus“.

Das Prinzip

Nach der Anmeldung des heimischen PC über http://einstein.phys.uwm.edu werden automatisch die technischen Voraussetzungen, beispielsweise das Vorhandensein von genügend freien Speicherkapazitäten geprüft. Gibt es „grünes Licht“ werden kleine Datenpakete vom Einstein@Home Server an die PC verschickt, dort in der „freien“ Zeit des Rechners analysiert und das Ergebnis zurückgesendet. Dies funktioniert auch, wenn der Computer zeitweise offline ist. Das Programm wartet einfach auf die nächste Gelegenheit, um die Ergebnisse zu übermitteln. Alle Nutzer erhalten eine Rückmeldung über ihren Beitrag zum Erfolg des Projektes und können so – auch im Team – Punkte sammeln und mit anderen Teams wetteifern.

Seine Aktivität signalisiert das entsprechende Rechenprogramm durch einen Bildschirmschoner, der unsere Himmelskarte auf besondere Art und Weise

zeigt: Bekannte Sternbilder werden aus der Weite des Weltraums dargestellt. Markiert sind die Bereiche des Universums, deren Daten im Computer gerade bearbeitet werden. Wie beim Einsatz von Bildschirmschonern üblich, bestimmt dabei der Nutzer selbst, wann sich das Programm zuschalten darf.

Aus Sicherheits- und Kontrollgründen wird jedes Rechenpaket dreimal gerechnet. Bei seiner Rücksendung erhält es eine Kennung, so dass die Computer, die Gravitationswellen nachgewiesen haben, zu identifizieren sind. Computerfreaks können Teams bilden und so mehr Credits sammeln. Das Einstein@Home-Programm ist für Linux-, Microsoft- und Mac-Computern verfügbar.

Umfassende Erfahrung mit dem Schutz vor Hackern haben die Entwickler schon aus einem anderen überaus erfolgreichen Programm. Mit Seti@Home beispielsweise suchen über fünf Millionen private PC nach Signalen außerirdischer Intelligenz. Darüber hinaus werden Klimamodelle und Berechnungen von Proteinfaltungen über ähnliche Netzwerke analysiert.

(Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik, 21.02.2005 – NPO)

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