Zum Geburtsvorgang des Menschen gehören Wehen, das Ausscheiden von Fruchtwasser und später der Plazenta. Doch auch bei Sterngeburten gibt es ähnliche Vorgänge. Das neue EU-Netzwerk „JETSET“ wird vor allem die Untersuchung der „stellaren Geburtswehen“ und das Ausscheiden der „Planeten-Plazenten“ jetzt intensivieren.
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In den kommenden vier Jahren werden unter irischer Führung zwölf Wissenschaftlerteams aus acht Ländern so genannte Jets junger Sterne untersuchen und dabei auch untereinander Wissenschaftler und Doktoranden austauschen. Die Europäische Union (EU) hat dafür jetzt im Rahmen eines der raren Marie Curie Forschungs-Trainings-Netze 3,9 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, woraus unter anderem acht Wissenschaftler- und elf Doktorandenstellen finanziert werden.
Die Thüringer Landessternwarte Tautenburg ist neben der Landessternwarte Königstuhl Heidelberg einer von nur zwei deutschen Partnern in diesem Netzwerk, das die Jets in Simulationen, Experimenten, Theorie (SET) und durch Beobachtungen näher erforschen wird. „Jets sind Materiestrahlen, die bei Sterngeburten entstehen, über die jenseits der Theorie aber bisher nur wenig bekannt ist“, erläutert der Direktor der Landessternwarte Prof. Dr. Artie Hatzes, der in Personalunion Professor für Astronomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist.
Ohne Jet kein Stern
Sterne entstehen aus Gas-Staub-Wolken, die um ihr Zentrum rotieren.
Die Fliehkraft dieser Rotationsbewegung macht aus der Wolke eine Scheibe. Das Material spiralt ins Innere dieser Scheibe und stürzt größtenteils auf den sich dort bildenden Stern. Andere Teile werden wie in einem Strahl nach unten und oben ausgestoßen. Warum diese Bewegungen nach unten und oben – die so genannten Jets – aber einerseits fast den ganzen Drehimpuls und andererseits kaum Teilchenmasse aufnehmen, will das europäische Forscherteam nun aufklären. Fest steht bisher nur, „dass ohne Jet kein Stern entstehen kann“, sagt der Tautenburger Projektleiter Dr. Jochen Eislöffel.
Hatzes und sein Team werden im neuen Projekt vor allem die Rotation und die Magnetfelder der Jets und ihrer Quellen, also des rotierenden Sterns, erforschen. Außerdem werden die Thüringer Astronomen die Bewegungen und die Anregungen der Jets von jungen Sternen auf atomarer Ebene untersuchen und molekulare Analysen der Ausströmungen erstellen. Im sichtbaren Bereich bietet dafür das Tautenburger Teleskop beste Voraussetzungen. „Denn das Gas in dem Strahl leuchtet“, erklärt Eislöffel, „da es durch das Material, mit dem es zusammenstößt, angeregt wird“.
Neue Erkenntnisse auch für andere Wissenschaftsbereiche
Alle Ergebnisse des europäischen Verbunds sollen nicht nur zu einem besseren Verständnis der Jets und der beteiligten astronomischen Phänomene führen. Die neuen Erkenntnisse – so hoffen die Forscher – werden auch für andere Wissenschaften und Anwendungen von großem Interesse sein. Im Bereich von Plasmafusionen, bei dynamischen Klima- Simulationen, im Fahrzeugbau und in der medizinischen Bildgebung werden Anknüpfungspunkte gesehen.
„Wir stehen erst am Anfang und werden noch große Anstrengungen bewältigen müssen, um wenigstens die Jets zu verstehen“, warnt Prof. Hatzes vor verfrühter Euphorie. Der Thüringer Astronom amerikanischer Herkunft ist sich aber sicher:
„Durch dieses interdisziplinäre europäische Netzwerk haben wir gute Aussichten, auf diesem Gebiet Weltspitze zu werden – und wir werden die Chance nutzen“.
(Universität Jena, 16.02.2005 – NPO)