Chemie

Chemiker bauen “Superbowl”-Molekül

Verbindung könnte als Transporter für medizinische Wirkstoffe dienen

Superbowl-Molekül © Australian National University

Es sieht nicht nur aus wie ein amerikanisches Football-Stadion in Miniaturform, es könnte auch für eine bessere Gesundheit „Punkte“ bringen – das „Superbowl“-Molekül. Australische Chemiker haben eine Verbindung entwickelt, die aufgrund ihrer speziellen Form eines Tages dazu eingesetzt werden könnte, Arzneimittel noch gezielter als bisher an ihren jeweiligen Wirkungsort im Körper zu transportieren.

Das “Superbowl”-Molekül gehört zu einer Klasse von künstlich hergestellten Schüssel-förmigen Molekülen, die erstmals in den 1980er Jahren entwickelt worden waren. Sie imitieren natürliche vorkommende Enzyme, die im Körper als Katalysatoren und Transporteure fungieren. Bisher allerdings hatten alle diese Moleküle nur eine sehr begrenzte Transportkapazität.

„Die Verbindungen, die wir jetzt hergestellt haben, sind größere Versionen dieser ursprünglichen Schüssel-Moleküle“, erklärt der Leiter der Studie, Michael Sherburn von der Australischen Nationaluniversität in Canberra. „Diese neuen Moleküle haben eine erheblich größere Kapazität und Selektivität als ihre Vorgänger und besitzen daher das Potenzial für ein breit gefächertes Spektrum von Anwendungen.“

Das Superbowl-Molekül besteht aus fünf konkaven, schüsselförmig eingedellten Oberflächen, vier auf der Außenseite und einer am Boden. Die Oberseite der Verbindung ist offen, wie bei einem Open-Air-Stadium. Das winzige Molekül mit der chemischen Summenformel C268H320O52 kann zudem durch bestimmte funktionelle Gruppen ergänzt werden, die ihm zusätzliche Eigenschaften verleihen.

Die Superbowl-Moleküle gleichen in ihrer Funktion den „Buckyballs”, können aber im Gegensatz zu diesen nicht nur ein einziges Atom oder Wasserstoffmolekül aufnehmen, sondern Verbindungen aus bis zu hundert Atomen – und damit auch viele medizinische Wirkstoffe. Gerade für Schmerzmittel oder Chemotherapeutika könnte dies einen wichtigen Fortschritt Effektivität und Verträglichkeit von Behandlungen bringen. „Ich bin sicher, dass wir damit Verbindungen wie beispielsweise das Krebstherapeutikum Taxol in naher Zukunft einkapseln können“, erklärt Sherburn

Der Forscher weist aber darauf hin, dass das Superbowl-Molekül noch nicht an Tieren oder Menschen getestet worden ist. Bis und ob das Molekül Marktreife erlangt, werde sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren entscheiden. Noch müssen die Wissenschaftler dafür einige Hürden nehmen. Denn das Superbowl-Molekül könnte zwar theoretisch sowohl über den Mund als auch über eine Injektion verabreicht werden, ist aber im jetzigen Zustand noch nicht ausreichend wasserlöslich und zudem in höheren Dosen giftig. Doch Sherburn und seine Kollegen sind optimistisch, diese Probleme mit weiteren Tests und chemischen Modifikationen lösen zu können.

(American Chemical Society, 01.02.2005 – NPO)

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