Raumfahrt

Huygens: Punktlandung auf dem Titan

Sonde liefert sensationelle Bilder und Daten

Eisbrocken auf dem Titan © ESA/NASA/University of Arizona

Nach ihrem siebenjährigen Gemeinschaftsritt mit Cassini durch das Sonnensystem ist die ESA-Sonde Huygens am 14. Januar 2005 wie geplant durch die Atmosphäre des größten Saturnmondes, Titan, abgestiegen und sicher auf seiner Oberfläche gelandet. Damit ist erstmals in der Geschichte der Raumfahrt die wissenschaftliche Erforschung eines Körpers des äußeren Sonnensystems vor Ort gelungen.

Bei dem gut zweistündigen Sinkflug durch die Atmosphäre des Saturnmondes Titan und nach der punktgenauen weichen Landung übertrug die europäische Sonde Huygens sensationelle Bilder von der Oberfläche des Titans und lieferte mehr wissenschaftliche Daten als erhofft.

Auf einer der Aufnahmen sind Eisblöcke aus Methan zu erkennen, die auf Titans Oberfläche verteilt sind. Die Größe und Entfernung dieser Eisblöcke können die Wissenschaftler erst bestimmen, wenn das Bild richtig ausgewertet ist. Auf einem anderen aus 16,2 Kilometer Höhe aufgenommenen Motiv sind flussartige Abflusskanäle aus Methanströmen, die zu einer Art Küste führen.

Eine erste Auswertung der Daten hat ergeben, dass heute auf dem Titan ähnliche Bedingungen herrschen, wie vor rund vier Milliarden Jahren auf der Erde. Die Forscher hoffen deshalb mithilfe der Huygens-Mission mehr über die Entstehung des Lebens auf unserem blauen Planeten herauszufinden.

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Darüberhinaus konnte Huygens in der Titan-Atmosphäre größere Mengen an Kohlenwasserstoffen nachweisen und Hinweise auf „Wetter“-artige Prozesse liefern. Die ersten Analysen legen zudem nahe, dass auch Wasser in gefrorener Form auf dem eiskalten Saturn-Mond mit einer Durchschnittstemperatur von 179 Grad unter Null existiert.

„Dies ist eine großartige Leistung für Europa und seine amerikanischen Partner bei dem ehrgeizigen Unterfangen, das System des Saturn zu erforschen“, sagte ESA-Generaldirektor Jean-Jacques Dordain.

20 Tage nach ihrer Abtrennung von der Muttersonde Cassini am 25. Dezember hat Huygens nach einem Alleinflug über 4 Millionen km die äußere Atmosphäre des Titan erreicht. Um 11.13 Uhr MEZ begann sie in etwa 1.270 km Höhe über Titan ihren Abstieg durch dessen dunstige Wolkendecke. In den folgenden drei Minuten mußte die Sonde zunächst von 18.000 auf 1.400 km/h abbremsen.

Huygens: Vollbremsung innerhalb drei Minuten

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Mit Hilfe einer Reihe von Fallschirmen wurde ihre Geschwindigkeit dann auf unter 300 km/h verringert. In rund 160 km Entfernung von der Oberfläche wurden die wissenschaftlichen Instrumente der Sonde ausgefahren und der Atmosphäre des Titan ausgesetzt. In 120 km Höhe wurde der Hauptfallschirm abgeworfen und durch einen kleineren ersetzt, um den Abstieg fortzusetzen; Huygens’ Aufsetzen auf der Oberfläche des Titan war für 13.34 Uhr MEZ vorgesehen. Die ersten Daten weisen darauf hin, daß die Sonde heil gelandet ist, mit großer Wahrscheinlichkeit auf einer festen Oberfläche.

Vier Minuten nach ihrem Eintritt in die Atmosphäre begann die Sonde mit der Übertragung ihrer Daten an Cassini begonnen und tat dies nach ihrer Landung mindestens so lange, wie sich die Muttersonde über dem Horizont des Titan befand. Die erste Meldung, dass Huygens „am Leben“ war, kam vom Green-Bank-Teleskop im US-Bundesstaat West Virginia, das bereits um 11.25 Uhr MEZ ein schwaches, aber eindeutiges Funksignal von Huygens aufgefangen hatte. Radioteleskope auf der Erde registrierten dieses Signal noch lange nach Ende der erwarteten Lebensdauer der Sonde.

Die von Cassini weitergeleiteten Huygens-Daten wurden vom Bodenstationsnetz der NASA für interplanetare Missionen empfangen und unverzüglich ans ESOC gesandt, wo derzeit ihre wissenschaftliche Auswertung im Gange ist. „Titan war von jeher das Ziel im System des Saturn, bei dem der Bedarf an unmittelbar von einer Sonde erfaßten Daten sehr wichtig ist“, sagte Professor David Southwood, der Wissenschaftsdirektor der ESA. „Wir werden uns mit einer faszinierenden Welt beschäftigen und warten nun gespannt auf die wissenschaftlichen Ergebnisse.“

ESA-Mitarbeiter und Wissenschaftler fiebern im ESOC den Daten entgegen

“Alle Huygens-Wissenschaftler sind begeistert. Das lange Warten hat sich gelohnt“, meinte der Huygens-Missionsleiter der ESA, Dr. Jean-Pierre Lebreton im ESA-Kontrollzentrum in Darmstadt. Mit Huygens soll erstmals vor Ort eine gründliche Analyse der Chemie der Titanatmosphäre vorgenommen werden; auch soll die Sonde die ersten Photos von der verborgenen Oberfläche des Titan aufnehmen und einen detaillierten „Wetterbericht“ erstellen.

Einer der Hauptgründe für die Entsendung von Huygens zum Titan ist die Möglichkeit, daß dessen stickstoff- und methanreiche Atmosphäre und seine Oberfläche chemische Eigenschaften aufweisen, die denen der Erde in ihrem frühen Stadium ähneln. In Kombination mit den Beobachtungen der Muttersonde Cassini wird Huygens völlig neue Erkenntnisse über den geheimnisvollen Saturnmond liefern.

„Der Abstieg durch die Titanatmosphäre war eine einmalige Gelegenheit, und der Erfolg heute zeigt, daß unsere Partnerschaft mit der ESA ein exzellenter Entschluß war“, freute sich der beigeordnete NASA-Administrator für Wissenschaft, Alphonso Diaz.

(ESA, DLR, 17.01.2005 – DLO)

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