Eine neuartige infrarot-optische Nanotechnologie, die auf Kristallgitter-Schwingungen (Phononen) beruht, entwickeln Forscher der Nano-Photonics Gruppe am Max-Planck-Institut für Biochemie. Mit Hilfe der „Phonon-Photonik“ sind bisher undenkbare Anwendungen von Infrarotlicht möglich. In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature Materials“ zeigen die Forscher, dass sie erstmals mit Hilfe von Infrarotlicht die Qualität von Kristallen mit nanoskopischer Auflösung analysieren können. Gleichzeitig demonstrieren die Wissenschaftler mit ihren Ergebnissen den ersten Infrarot-Datenspeicher mit Speicherdichten jenseits der von DVDs.
Die Wellennatur des Lichts begrenzt die Auflösung in der Mikroskopie und Lithographie, aber auch die Speicherdichte in der optischen Datenspeicherung auf die Wellenlänge des Lichts, das heißt auf einige hundert Nanometer (1 Nanometer = 1 Millionstel Millimeter). Neuere Entwicklungen gehen deshalb zu immer kürzeren Wellenlängen (ultraviolettes Licht) über. Hingegen gehen die Forscher um Rainer Hillenbrand am Max-Planck-Institut für Biochemie den entgegengesetzten Weg: Sie entwickeln eine optische Nanotechnologie mit besonders langwelligem Licht, nämlich Infrarot- beziehungsweise Wärmestrahlung.
Lange Wellen statt kürzerer
Infrarotlicht hat die Besonderheit, dass sich damit die chemische Zusammensetzung und die Kristallstruktur von Stoffen analysieren lassen. Die so genannte Infrarotspektroskopie ist daher eine weit verbreitete Methode in der Materialforschung, der (bio-)chemischen Analytik oder auch in der Biomedizin. Die langen Wellenlängen von Infrarotlicht begrenzen aber leider das räumliche Auflösungsvermögen von Infrarot-Spektrometern oder Mikroskopen auf einige Mikrometer. Dadurch ist es unmöglich, die Zusammensetzung von Materialien auf der nanoskopischen Skala zu untersuchen. Gerade diese Längenskala ist aber von entscheidender Bedeutung für die Analyse neuartiger Nanokomposit-Materialien oder biologischer Strukturen wie Zellmembranen.
Auflösung hundertfach besser
Seit einigen Jahren arbeiten die Martinsrieder Wissenschaftler deshalb an der Entwicklung einer neuartigen Mikroskopie-Technik, die mit einer optischen Antenne Auflösungen unabhängig von der Wellenlänge des eingesetzten Lichts ermöglicht und die Vorteile der Infrarotspektroskopie auch für die Nanoanalytik nutzbar macht. Bei ihrem so genannten Nahfeldmikroskop rastert eine extrem feine Abtastnadel eine Oberfläche ab. Gleichzeitig bündelt die Nadel das dabei eingestrahlte Licht – ähnlich wie eine Antenne – zu einem winzigen Leuchtfleck, bis zu 300-mal stärker als die beste Fokussierlinse. Vor zwei Jahren hatten die Wissenschaftler nachgewiesen, dass sie mit dem gebündeltem Infrarotlicht Gitterschwingungen in polaren Kristallen anregen können, und zwar in einem Bereich von nur wenigen. Je nach Kristallzusammensetzung benötigt man dafür ganz spezielle Wellenlängen, die eine Art Infrarot-Fingerabdruck des Kristalls darstellen.