Neurobiologie

Frühe Erblindung schärft Gehör

Studie belegt die frühkindliche Sinnesorganisation

Fast jeder kennt die populäre Annahme, das Blinde besser hören als Sehende – um den fehlenden Gesichtssinn auszugleichen. Doch belegen konnte man dies bislang nicht. Erst jetzt haben kanadische Wissenschaftler in einer aktuellen Studie beweisen können, dass Blinde tatsächlich Töne genauer hören – allerdings nur, wenn sie bereits als Kinder erblindeten. Diese Ergebnisse zeigen die Fähigkeit des Gehirns, sich in den ersten Lebensjahren umorganisieren zu können.

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Wie Robert Zatorre, ein Neurowissenschaftler der McGill University, erklärt, ist die Idee, dass Blindheit beispielsweise die musikalische Entwicklung fördert, eine sehr alte. Doch bisherige Studien konnte dies nicht quantifizieren, da sie nicht das Alter berücksichtigten, in dem die Versuchspersonen erblindeten.

In der im Magazin Nature veröffentlichten Studie haben Forscher der McGill und der Montreal Universität Personen aus drei Kategorien untersucht: Solche, die volle Sehkraft besaßen, Früherblindete, die ihre Sehkraft schon zur Geburt oder aber während der ersten beiden Lebensjahre verloren und Späterblindete. Es wurde getestet, wie gut die verschiedenen Gruppen Unterschiede in der Tonhöhe wahrnehmen konnten. Dazu mussten die Probanden ein Tonpaar anhören und entscheiden, ob jeweils der erste oder der zweite Ton höher lag.

Früherblindete schnitten bei jedem dieser Tests weitaus besser ab als die beiden anderen Gruppen. Sie konnten noch korrekte Unterscheidungen treffen, wenn sich die Tonhöhen beider Töne stark annäherten oder die Töne extrem kurz waren. Zwischen Späterblindeten und Sehenden gab es dagegen keinen Unterschiede.

Diese Ergebnisse zeigen die Fähigkeit des Gehirns zur Umorganisation in den ersten Lebensjahren. Bei der Geburt sind die Zentren für Hören, Sehen und den anderen Sinnen noch verknüpft. Die kanadischen Forscher glauben, dass diese Verbindungen während der normalen Entwicklung nach und nach abgebaut werden, bei Blinden jedoch erhalten bleiben und so die Verarbeitung von Tönen verbessert.

(McGill University, 26.07.2004 – AHE)

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