Einen neuartigen Wirkstoff gegen Krankheitserreger haben Wissenschaftler des Hans-Knöll-Instituts für Naturstoff-Forschung (HKI) bei einer Kolonie fadenförmiger Bakterien, so genannter Streptomyceten, in einer italienischen Höhle entdeckt. Die Mikroben produzieren die antibiotisch wirksame Substanz, um sich andere Mikroorganismen wie die gefürchteten Staphylokokken „vom Leibe“ zu halten.
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Bei der in interdisziplinärer Zusammenarbeit am HKI aufgefundenen und charakterisierten Substanz handelt es sich um eine dem Tetracyclin verwandte Struktur mit offensichtlich neuem Wirkprinzip. Sie erwies sich in den Laborversuchen gegen Vancomycin-resistente Enterokokken und multiresistente Staphylokokken als hochwirksam. Untersuchungen zum Einfluss auf die Makromolekülsynthesen zeigten, dass weder die Zellwand-, noch die DNA-, RNA- oder die Proteinsynthese als Target in Frage kommen.
„Wir haben es hier mit einem ganz neuartigen Mechanismus zu tun“, betonen die Jenaer Wissenschaftler. Bisher konnten keinerlei Resistenzen, auch keine Kreuzresistenzen zu den gängigen Antibiotika-Gruppen wie ß-Laktamen, Makroliden, Tetracyclinen, Chinolonen, Aminoglycosiden und Glycopeptiden festgestellt werden. Die Wissenschaftler des HKI isolierten den Stoff aus Streptomyceten, die sie im Rahmen eines EU-Projektes in einer italienischen Höhle fanden. Proteomanalysen sollen nun die Fragen nach dem Wirkmechanismus beantworten.
Die neuartige Substanz könnte in der Bekämpfung von Staphylokokken-Infektionen in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, nachdem deren Behandlung durch das Auftreten von Vancomycin-Resistenzen im Jahr 2002 extrem erschwert ist. „Wir sind jedoch noch ganz im Bereich der Grundlagenforschung“, geben die Forscher des HKI zu bedenken. Bis die neuartige Substanz bei Patienten zum Einsatz kommen kann, sind zunächst umfangreiche Labor- und Tierversuche und später klinische Studien notwendig.
(idw – Hans-Knöll-Institut für Naturstoff-Forschung, 22.03.2004 – DLO)