Neurobiologie

Schmerzempfindung durch Erinnerung beeinflusst

Neue Erkenntnisse für die Schmerztherapie

Die Wahrnehmung von Schmerzen kann durch ein vorangegangenes Schmerzereignis beeinflusst werden. Die Übertragung elektrischer Impulse an den Verbindungen der Nervenzellen im Rückenmark kann in Abhängigkeit von der Art des vorangehenden schmerzhaften Reizes gesteigert oder abgeschwächt werden. Diese Erkenntnis kann für das Verständnis von chronischen Schmerzen hilfreich sein und die Wirkung bestimmter Behandlungsmethoden wie zum Beispiel Akupunktur erklären.

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Die Erforschung von Langzeitpotenzierung (LTP) und Langzeitdepression (LTD) synaptischer Übertragungsstärke ist Gegenstand intensiver Bemühungen bei der Klärung von Mechanismen synaptischer Plastizität, welche als grundlegende Prozesse für Lernen und Gedächtnisbildung angesehen werden. Bislang fehlen allerdings noch direkte Belege, welche Rollen LTP und LTD bei der Initiierung und Modulation des menschlichen Verhaltens spielen. In einer Studie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz wird dieser Zusammenhang anhand des schmerzverarbeitenden (nozizeptiven) Systems untersucht.

Dabei machten die Autoren die Beobachtung, dass bestimmte hoch- bzw. niederfrequente elektrische Reizprotokolle, die im Tiermodell entweder LTP oder LTD auslösen, beim Menschen einerseits zu einer LTP-ähnlichen, lang andauernden Zunahme der Schmerzwahrnehmung (Hyperalgesie; nozizeptive LTP), andererseits zu einer LTD-ähnlichen, lang andauernden Abnahme der Schmerzwahrnehmung führten (Hypoalgesie; nozizeptive LTD).

Die LTP-ähnliche Zunahme der Schmerzwahrnehmung ist wahrscheinlich an der Chronifizierung von bestimmten Schmerzprozessen beteiligt, bei denen Patienten über lange Zeit Schmerzen erleben, obwohl das auslösende Ereignis oft schon Jahre zurückliegt und keine organischen Defekte zurückgeblieben sind. Möglicherweise bildet die Langzeitpotenzierung der synaptischen Übertragung die neu-robiologische Grundlage für diese über Jahre gesteigerte Schmerzwahrnehmung. Dagegen scheinen die LTD-ähnlichen Prozesse zu schmerzlindernden Effekten (Analgesie) beizutragen, die bei der erfolgreichen Behandlung von Schmerzen durch die sogenannte transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) oder aber auch bei bestimmten Formen der Akupunktur auftreten können.

Die Autoren hoffen, mit den in ihrer Arbeit aufgezeigten Mechanismen einen Beitrag für die Aufklärung der Rolle von LTP und LTD beim Menschen im Allgemeinen und – im Bezug auf das nozizeptive System – einen weiteren Schritt zu einem besseren Verständnis der Mechanismen chronischer Schmerzen geleistet zu haben.

(idw – Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 19.03.2004 – AHE)

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