Medizin

AIDS-Impfstoff wird an Menschen getestet

Neue Hoffnung im Kampf gegen die Seuche

Erstmals wird in Deutschland an 13 gesunden Freiwilligen ein Impfstoff gegen HIV/AIDS am Menschen getestet. Ziel ist es, die optimale Dosis zu finden, die die gewünschte Immunantwort hervorruft. In Tierversuchen hat sich der Impfstoff-Kandidat schon als vielversprechend erwiesen. Der Test wird allerdings 13 Monate dauern und ein möglicher Impfstoff auch bei einem Erfolg der Studie erst in einigen Jahren bereitstehen können. Ein Präventivimpfstoff wird als beste Hoffnung angesehen, die kontinuierliche Ausbreitung der Epidemie einzudämmen.

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Die Studie wird an zwei Standorten durchgeführt: am Universitätsklinikum Bonn und am Universitätsklinikum Eppendorf in Hamburg. Jan van Lunzen, der wissenschaftliche Leiter der Studie in Hamburg, sagt: „Durch Präventivimpfstoffe wurden die Pocken besiegt, die Kinderlähmung nahezu ausgerottet und Dutzende andere tödliche Krankheiten bekämpft. Mit dieser neuen Studie in Deutschland führen wir die Welt einen Schritt näher an einen Impfstoff heran, der AIDS besiegen wird.“ Der in der Studie zu testende Impfstoffkandidat trägt den Namen tgAAC09. Er wurde von Targeted Genetics und CCRI entwickelt und genetisch verändert. Es enthält nun eine synthetisch hergestellte Kopie von einem Teil des HIV-Erbguts und kann daher HIV-Proteine produzieren. Dennoch ist das Virus völlig harmlos: „tgAAC09 kann sich weder im Körper vermehren noch eine HIV-Infektion hervorrufen“, erklärt Nazifa Qurishi, die den Bonner Teil der Studie leitet.

Die Forscher hoffen aber, dass der Impfstoff die menschliche Immunabwehr zur Produktion von Antikörpern gegen HIV anregt und dadurch in Alarmbereitschaft versetzt. „Entdecken“ diese Antikörper dann bei ihrer Patrouille durch den Körper ein HI-Virus, setzen sie die hoch effiziente natürliche Krankheitsabwehr in Gang und können so im Idealfall verhindern, dass der Betroffene sich infiziert und AIDS bekommt. In Tierversuchen konnte man nach tgAAC09-Injektion bereits die Produktion von Antikörpern nachweisen.

Test der Immunreaktion

Mit einer Dosiseskalations-Studie wollen die Mediziner nun zunächst einmal herausfinden, ob der Impfstoff auch beim Menschen zu einer Immunantwort führt und ob allergische Reaktionen zu befürchten sind.

Dazu erhalten einige Probanden eine Injektion mit tgAAC09, während einer Vergleichsgruppe ein Placebopräparat verabreicht wird. Anhand von Blutproben bestimmen die Forscher dann die Immunantwort. Darüber hinaus wollen sie prüfen, inwieweit unterschiedliche Dosen sich auf die Sicherheit der Impfung und die Stärke der Immunreaktion auswirken.

Die Studie wird in Deutschland und Belgien zusammengerechnet bis zu 50 Freiwillige umfassen. In der Studie soll die Sicherheit des Impfstoffes tgAAC09 nachgewiesen und untersucht werden, ob die entsprechende Immunantwort hervorgerufen wird. Wenn dies der Fall ist, werden weitere und umfangreichere Versuche mit tgAAC09 erfolgen.

Weltweite Tests

Die Kommission Somatische Gentherapie der Bundesärztekammer hat ihre Zustimmung zur deutschlandweit ersten HIV-Impstoff-Studie an Menschen gegeben. Die Freiwilligen sind zuvor ausführlich über den Versuch und mögliche Risiken informiert worden. Sie stehen während der gesamten Studiendauer unter sorgfältiger Beobachtung und können die Studie jederzeit ohne Angabe von Gründen abbrechen. In 13 Monaten sollen die Impfstofftests abgeschlossen sein; bei Erfolg versprechenden Ergebnissen werden dann weitere Testreihen mit erheblich mehr Kandidaten folgen. Bis zur Zulassung werden daher voraussichtlich noch einige Jahre vergehen.

tgAAC09 richtet sich ausschließlich gegen HIV vom Subtyp C; diese Variante ist weltweit für die meisten Ansteckungen verantwortlich und dominiert in vielen Entwicklungsländern. Die International AIDS Vaccine Initiative (IAVI), die sich für die Forschung und Entwicklung von Impfstoffen gegen AIDS einsetzt, unterstützt das Projekt. In Deutschland ist neben Bonn noch das Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf an der Studie beteiligt.

Täglich infizieren sich 14.000 Menschen mit HIV, 95% davon in den Entwicklungsländern. Nach Schätzungen von IAVI befinden sich ungefähr 25 Präventivimpfstoffkandidaten auf sechs Kontinenten in der Phase der klinischen Erprobung.

(idw – Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn – Robert Koch-Institut, 17.02.2004 – AHE)

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