Der größte Strom der Welt hat keine Ufer, keine Quelle und keine Mündung, denn er fließt als breiter Ringstrom um die Antarktis. Er transportiert 150-mal so viel Wasser wie alle echten Flüsse der Welt zusammen. Ohne ihn gäbe es wohl nur wenig Eis auf dem antarktischen Kontinent und die reichen Nahrungsgründe des Südpolarmeeres wären leer. Er wirkt wie eine Isolationsschicht, da er warmes Wasser von der Antarktis fernhält. Die Zirkumpolarströmung ist nur ein Beispiel von vielen für die gewaltigen Ströme in den Weltozeanen. Strömungen haben vielfältige Funktionen: Sie transportieren Larven von Tieren und Pflanzen, Nährstoffe, Salz, Sand und Wärme. Sie beeinflussen unser Klima, sie bestimmen das Aussehen von Stränden und das Schicksal von Inseln. Informationen über sie helfen uns also unsere Welt zu verstehen. Doch wie misst man eine Strömung im Wasser?
Bewegung verändert den Ton
Eines der in der Meerestechnik dazu eingesetzten Geräte ist der so genannte ADCP (Acoustic Doppler Current Profiler = Akustischer Doppler Strömungsprofilierer). Er basiert auf dem Doppler-Prinzip, dass besagt, dass die Frequenz einer Schallwelle sich verändert, wenn sich Quelle und Empfänger relativ zueinander bewegen. Ein Beispiel, dass wir alle kennen, ist die Sirene eines vorbeifahrenden Krankenwagens. Kommt das Fahrzeug auf uns zu, erreichen uns die Schallwellen in schnellerer Folge, da das Fahrzeug den ausgesandten Schallwellen
hinterherfährt. Jede weitere Schallwelle hat also einen kürzeren Weg bis zu unserem Ohr. Die Frequenz ist höher, der Ton heller. Hat uns das Fahrzeug passiert, so muss jede Schallwelle einen jeweils weiteren Weg zurücklegen, als die vorhergehende, um uns zu erreichen. Der Fahrer hört immer denselben Ton, da er sich relativ zu den Schallwellen nicht bewegt. (Eine anschauliche Grafik findet sich hier.)
"Staub" im Wasser verrät die Strömung
Diesen Effekt nutzen Wissenschaftler, indem sie Schallsignale aussenden, die an kleinen Partikeln im Wasser reflektiert werden. Die reflektierten Signale werden von mehreren Empfängern aufgefangen, die die Schallquelle in gleichmäßigem Abstand umgeben. Aus der Verschiebung der Frequenz errechnet der angeschlossene Computer die Geschwindigkeit und Richtung des Teilchens, das mit der Strömung transportiert wird. Die Zahl der Partikel im Wasser, die die Signale reflektieren ist in der Regel hoch genug, dass genaue Messungen zu Stande kommen. So können Strömungsgeschwindigkeiten abhängig vom Versuchsaufbau gleichzeitig in unterschiedlichen Tiefen gemessen werden.
Großflächige Messungen mit der ADCP
Niedrige Frequenzen ergeben eine geringe Auflösung, aber hohe Reichweiten. Bei einer Frequenz von 38 kHz können über 1.000 m Reichweite etwa 40 Messungen gemacht werden: eine alle 24 m. Bei 150 kHz ist die Reichweite maximal 425 m, dafür reicht die Auflösung für eine Messung alle 8 m, also über 50 Werte insgesamt. Wird das Gerät auf einem fahrenden Schiff eingesetzt, so können die Wissenschaftler eine dreidimensionale Karte der Strömungen in einem Meeresgebiet erstellen. Selbst fest verankerte Geräte sammeln wesentlich mehr Daten als herkömmliche Strömungsmesser, die immer nur die Strömung an ihrem Standpunkt feststellen können. So können die Strömungsverhältnisse in Flüssen, flachen Küstenmeeren und dem tiefen Ozean umfassend untersucht werden.
(IUP Institut für Umweltphysik an der Universität Bremen und DFG-Forschungszentrum Ozeanränder, 21.07.2003 – Kirsten Achenbach / DFG-Forschungszentrum Ozeanränder Bremen (RCOM))