Beweis statt Bauchgefühl: Das war das Credo von Archibald Leman Cochrane. Der britische Mediziner prangerte zu Lebzeiten immer wieder an, dass die Wirksamkeit vieler praktizierter Therapien nicht ausreichend untersucht worden sei – und machte sich deshalb für methodisch hochwertige Forschung stark. Sein Wirken inspirierte in den 1990er Jahren zu einem nachhaltigen Umdenken in der Schulmedizin.
„Archie“ Cochrane gilt vielen als Vater der evidenzbasierten Medizin. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erkennt der Arzt und Epidemiologe, dass sich die angeblich so wissenschaftliche Disziplin in weiten Bereichen auf Studien stützt, die nicht das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben wurden. Und dass er als Arzt seine Patienten oftmals behandelt, ohne zu wissen, ob seine therapeutischen Maßnahmen überhaupt nützen.
In seinem Buch „Effectiveness and Efficiency“ bringt Cochrane diese Gedanken auf den Punkt. Er plädiert dafür, die begrenzten Ressourcen im Gesundheitswesen gerecht und nur für jene Formen der Versorgung einzusetzen, die sich in methodisch guten Studien als wirksam erwiesen haben – also wissenschaftlich begründbar sind.
Aus gegenwärtiger Sicht mag eine solche Vorgehensweise selbstverständlich sein, doch das war nicht immer so. Erst mit Cochrane und seinen Mitstreitern entwickelt sich eine intensive internationale Debatte um die Problematik der unzureichenden Begründbarkeit von Behandlungsentscheidungen. Aus ihr gehen schließlich die Methoden der evidenzbasierten Medizin, kurz EbM, hervor. Sie stellen heute einen wichtigen Pfeiler unseres Gesundheitssystems dar.
Inhalt:
- Auf Umwegen zum Mediziner
Unsteter Beginn eines Forscherlebens - Wirksam oder unwirksam?
Prägende Jahre in deutscher Kriegsgefangenschaft - Ein Bergarbeiterdorf wird zum Labor
Die Pionierstudie "Rhonda Fach Scheme" - Harsche Kritik, die nachhallt
Das Buch "Effectiveness and Efficiency" - Cochranes Vermächtnis
Die Gründung der Cochrane Collaboration und der Begriff der EbM
Daniela Albat
Stand: 02.12.2016