Sichtbarer Effekt: Die Zunahme der Starlink-Satelliten im Orbit hat bereits messbare Auswirkungen auf die Astronomie. So finden sich helle Störstreifen inzwischen in bis zu 20 Prozent der Aufnahmen eines auf kurzlebige Himmelsphänomene ausgerichteten US-Teleskops, wie Astronomen berichten. Sie schätzen, dass die vollendete Megakonstellation Spuren in allen Bildern hinterlassen wird. Abdunklungsversuche der Satelliten seitens SpaceX seien bisher nicht ausreichend, so das Team.
Künftig sollen Netzwerke aus tausenden von Mini-Satelliten das Breitband-Internet bis in die hintersten Winkel der Erde bringen. Doch diese Mega-Konstellationen sorgen auch für Kritik, denn sie erhöhen das Risiko für Kollisionen im Erdorbit und können durch ihre Lichtreflexe astronomische Beobachtungen stören. Schon die normalen Satelliten und größeren Weltraumschrottteile sorgen durch ihr Streulicht für eine schwache, aber messbare Lichtverschmutzung.
Ein Teleskop und 1.800 Satelliten
Wie stark sich die bisher ins All gebrachten Mini-Satelliten schon auf astronomische Beobachtungen auswirken, haben nun Przemek Mroz von der Universität Warschau und seine Kollegen näher untersucht. Dafür analysierten sie Himmelsaufnahmen, die die Zwicky Transient Facility (ZTF) am kalifornischen Palomar Observatory zwischen November 2019 und September 2021 erstellt hat.
Dieses astronomische Instrument ist darauf ausgelegt, kurzlebige, kosmische Phänomene wie Supernovae, aber auch Kometen und Asteroiden zu detektieren. Dafür durchmustert das Teleskop jeweils im Verlauf von zwei Tagen einmal den gesamten Himmel und erstellt Aufnahmen mit der extremen Weitwinkelkamera. Algorithmen werten dabei alle Lichtpunkte aus, die sich mit der Zeit verändern. Passiert ein das Sonnenlicht reflektierender Satellit während der Belichtungszeit das Blickfeld, erscheint seine Spur als heller Streifen.
Für ihre Studie ermittelten Mroz und sein Team, wo sich die rund 1.800 Satelliten der seit 2019 heranwachsenden Starlink-Konstellation von SpaceX befanden und prüften dann, ob in den Aufnahmen dieses Himmelsausschnitts eine Störspur sichtbar waren.
Störstreifen in knapp 20 Prozent der Dämmerungsaufnahmen
Das Ergebnis: Insgesamt fanden die Astronomen 5.301 Himmelsaufnahmen, in denen ein Satelliten-Störstreifen zu sehen war. Der Anteil der gestörten Bilder nahm dabei von 2019 bis 2021 deutlich zu: „Anfang 2020 war weniger als eine Aufnahme pro Nacht betroffen, in der zweiten Hälfte 2021 waren es schon fast 20 Aufnahmen pro Nacht“, berichten die Forscher. Dies spiegele die Zunahme der Starlink-Satelliten in der Erdumlaufbahn wieder.
Besonders häufig führen die Satelliten während oder kurz nach der Dämmerung zu Störeffekten: Ende 2021 zeigten bereits knapp 20 Prozent der Dämmerungsaufnahmen einen solchen Störstreifen, wie Mroz und sein Team feststellten. Der Grund: Das Teleskop beobachtet den Himmel dann in einem Winkel, der den niedrigen Erdorbit und besonders viele Starlink-Satelliten auf einmal einschließt. Zudem fördert die Ausrichtung von Satelliten, Sonne und Teleskop dann die Lichtreflektionen.
Folgen für Detektion von Asteroiden und kurzlebigen Ereignissen
Das aber bedeutet, dass bestimmte astronomische Beobachtungen überproportional stark gestört werden: „Die Folgen sind am größten bei der Sonnensystemforschung wie beispielsweise die Suche und Beobachtungen von Kometen, Asteroiden, erdnahen Objekten und auch interstellaren Asteroiden“, erklären die Forscher. Denn diese Objekte zeigen sich oft in Horizontnähe und in der Dämmerung. Auch die Beobachtung von kurzlebigen, seltenen Phänomenen wie die optischen Quellen von Gammastrahlenausbrüchen oder Gravitationswellen-Ereignissen könnten empfindlich gestört werden.
Die Arbeit der Zwicky Transient Facility ist allerdings wegen ihrer extremen Weitwinkelaufnahmen und einer effizienten Bildverarbeitung bisher kaum gestört: „Es gibt zwar ein Risiko, dass wir einen Asteroiden oder ein anderes Ereignis übersehen, weil es von einer Satellitenspur überdeckt wird“, sagt Mroz. „Aber für die ZTF ist dieses Risiko wegen des geringen Anteil der verdeckten Pixel am Gesamtbild noch eher gering.“
Anders könnte es allerdings für lichtsensiblere Teleskope aussehen, weil deren Aufnahmen schnell von der Helligkeit einer Satellitenspur übersättigt werden könnten. Das betreffe in besonderem Maß das zurzeit im Bau befindliche Acht-Meter-Teleskop des Rubin Observatory in Chile: „Die hellen Störstreifen könnten durch die Übersättigung ganze Teile der Aufnahmen unbrauchbar machen“, so die Astronomen.
Bald vier Störstreifen in jeder Aufnahme?
In Zukunft könnten sich die Störeffekt noch deutlich verstärken: „Wir erwarten, dass letztlich alle Dämmerungsaufnahmen der ZTF betroffen sein werden, wenn die Starlink-Konstellation rund 10.000 Satelliten umfasst“, sagen Mroz und seine Kollegen. „Wenn die gesamte angestrebte Zahl von rund 42.000 Satelliten in den Orbit gebracht wird, dann würde jede Dämmerungsaufnahme unseres Teleskops im Schnitt vier Störstreifen aufweisen.“
Je nach Flughöhe der künftigen Satelliten könnten dann auch zunehmend Aufnahmen betroffen sein, die nicht den horizontnahen Himmel abbilden: „Wir erwarten es bei Starlink-Satelliten zwar nicht, dass sie die Aufnahmen außerhalb der Dämmerung stören, aber wenn die Satelliten-Konstellationen anderer Unternehmen in höheren Orbits liegen, dann könnte dies auch für diese Beobachtungen Probleme bereiten“, erklärt Mroz.
Blendschutz bringt etwas, aber nicht genug
Schon seit ersten Kritiken durch astronomische Gremien im Jahr 2019 arbeitet SpaceX daran, die Lichtverschmutzung durch seine Starlink-Satelliten zu verringern. Nachdem sich ein dunkler Farbüberzug nicht bewährte, weil sich dadurch die Elektronik des Satelliten zu stark aufheizt, testet das Unternehmen nun ausklappbare Sonnenvisiere. Diese an einem Teil der neueren Satelliten angebrachten Schilde sollen reflektierende Flächen abschirmen und so die Lichtverschmutzung verringern.
Wie die Astronomen feststellten, erscheinen die Starlink-Satelliten der „VISOR“-Baureihe in den Teleskop-Aufnahmen tatsächlich bis zu 4,6-mal weniger hell. „64 Prozent der VISOR-Satelliten sind aber noch immer heller, als es den Vorgaben des SATCON1-Workshops von 2020 entspricht“, so die Astronomen. Hier besteht ihrer Ansicht nach daher noch Nachbesserungsbedarf. (The Astrophysical Journal Letters, 2022; doi: 10.3847/2041-8213/ac470a)
Quelle: California Institute of Technology