Technik

Atomare Elektronik: Einzelatom-Transistoren

Miniaturisierung

Siliziumwafer
© PonyWang_GettyImages

Ein Transistor, der ohne Halbleitermaterial auskommt, bei Raumtemperatur funktioniert und lediglich ein Silberatom als Durchmesser hat – diesen kleinsten Transistor der Welt haben Forscher am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelt. Der Einzelatom-Transistor bedeutet einen Durchbruch im Bereich der Mikroelektronik und zeichnet sich durch einen ausgesprochen geringen Energieverbrauch aus.

Funktionsweise des Einzelatom-Transistors

Ein Forscherteam um Professor Thomas Schimmel, Physiker und Experte für Physik und Nanotechnologie am Institut für Angewandte Physik in Karlsruhe, entwickelte den wohl kleinsten Transistor der Welt. Dieser funktioniert mit einem technischen Ansatz, der keine Halbleiter für die Stromsteuerung verwendet. Der Transistor besteht komplett aus Metall. Dies ermöglicht eine sehr niedrige elektrische Spannung und einen äußerst geringen Stromverbrauch.

War der Einzelatom-Transistor des KIT zunächst auf flüssige Elektrolyten angewiesen, konnte das Forscherteam schließlich einen Weg finden, damit der Transistor mit einem Gel funktioniert. Zu diesem Zweck verdickten die Forscher wässrige Silberelektrolyten mit pyrogenem Siliziumdioxid. Das auf diese Weise entstehende Gel bringt die Vorteile eines festen Stoffes mit den elektrochemischen Eigenschaften von Flüssigkeiten zusammen. Damit ist es einfach zu handhaben und erhöht darüber hinaus die Sicherheit des Transistors.

Dreh- und Angelpunkt des Transistors ist ein Silberatom. Das quantenelektronische Element nutzt die Verschiebung dieses einzelnen Atoms, um einen elektrischen Pfad zu schalten. Den Wissenschaftlern gelang es, zwei winzige metallische Kontakte herzustellen. Zwischen den Kontakten befindet sich eine Lücke, die so breit ist wie ein einzelnes Silberatom.

„Durch einen elektrischen Steuerimpuls setzen wir ein einzelnes Silberatom in diese Lücke und schließen den Stromkreis“, erklärt Professor Schimmel. „Wenn das Silberatom wieder entfernt wird, ist der Stromkreis unterbrochen.“

Transistor auf Atomebene bei Raumtemperatur

Ungewöhnlich ist zudem, dass der Transistor bei Raumtemperatur funktioniert. Der Transistor ist nicht der erste Einzelatom-Transistor. Im Jahr 2012 beispielsweise entwickelte ein internationales Forscherteam den damals als kleinsten Transistor der Welt geltenden Chip mit einem einzigen Phosphoratom. Doch damals musste der einatomige Transistor in einem Zustand extremer Kälte gehalten werden, der dem von flüssigem Stickstoff bei minus 196 Grad Celsius entsprach. Die Funktion bei Raumtemperatur vereinfacht vieles und ermöglicht ebenfalls einen energieeffizienteren Einsatz.

Bedeutung des Transistors für die Informationstechnologie

Die Digitalisierung wird aufgrund der durch sie eingesparten Papiere und Wege oft als umweltfreundliche Alternative angesehen. Dabei geht eine umfassende Digitalisierung mit einem hohen Energiebedarf einher. In den Industrieländern lassen sich über zehn Prozent des Strombedarfs auf die Informationstechnologie zurückführen. Und als zentrale Elemente der digitalen Datenverarbeitung stehen Transistoren im Mittelpunkt dieses Energieverbrauchs. Sie kommen in großen Rechenzentren ebenso zum Einsatz wie auf dem heimischen PC und im Smartphone.

Auf handelsüblichen USB-Sticks befinden sich Milliarden von Transistoren.

Hier liegt eine enorme Menge Einsparpotential. Der Einzelatom-Transistor könnte zu einer Verbesserung der Energieeffizienz verschiedener Geräte beitragen. Ganz konkret ausgedrückt: Der Einzelatom-Transistor benötigt für einen Schaltvorgang nur etwa 0,1 % der Energie eines herkömmlichen Transistors. „Dieses Element der Quantenelektronik ermöglicht Schaltenergien, die um den Faktor 10.000 kleiner sind als die herkömmlicher Siliziumtechnologien“, erklärt Professor Schimmel. Damit eröffnen sich ganz neue Perspektiven im Bereich der Informationstechnologie.

Moores Gesetz im Jahr 2022

Das Mooresche Gesetz geht auf Gordon Moore, den Mitbegründer von Intel und seine empirischen Beobachtungen zurück. Moore meinte, dass sich die Geschwindigkeit und die Leistungsfähigkeit von Computern alle zwei Jahre verdoppeln würde, da sich die Anzahl der Transistoren, die ein Mikrochip enthalten kann, entsprechend erhöht. Diese Aussage bildete stets eine treibende Kraft hinter der Entwicklung von Halbleitertechnologien, doch stammt sie aus dem Jahr 1965.

Im Laufe der Jahre wurden die Details des Mooreschen Gesetzes geändert und angepasst, um dem tatsächlichen Wachstum der Transistordichte Rechnung zu tragen. Doch konnte der exponentielle Charakter des Gesetzes über lange Jahre aufrechterhalten werden.

Doch aufgrund der Verlangsamung in der Entwicklung in jüngster Vergangenheit, wurde das Gesetz immer wieder totgesagt. Das Mooresche Gesetz stößt schlicht und einfach an seine physikalischen Grenzen. Mit Chipkomponenten in Größe einzelner Atome könnten diese Grenzen noch einmal ein wenig erweitert werden. Doch die Entwicklung eines Einzelatom-Transistors ist zugleich der Punkt, an dem die Vorhersage des Mooreschen Gesetzes über die Transistordichte endgültig ins Wanken zu geraten scheint. Denn nach dem heutigen Verständnis der Physik wird es kaum möglich sein, einen Transistor noch kleiner zu machen.

Zudem werden die Entwicklungen gerade im Bereich der Informationstechnologie durch den Gang in diese Richtung kostspieliger und technisch aufwändiger. Auf der anderen Seite hätte es für sämtliche technische Branchen enorme Folgen, wenn die Chips nicht mehr verkleinert würden. Und die Grundfläche solch kleiner Strukturen profitiert nicht nur von einer höheren Integrationsdichte, sondern auch von einem geringeren Energiebedarf. Dies ist besonders wichtig, da eine höhere Transistordichte zu einer höheren Energieabgabe auf kleinerer Fläche und zu thermischen Problemen führt.

Fazit

Einzelatom-Transistoren bilden die Grundlage für neue Perspektiven in Bezug auf atomare Elektronik und quantenelektronische Systeme bei Raumtemperatur. Die Entwicklung ist zwar noch relativ jung, doch die Vorteile zeichnen sich bereits ab. Als Ganzmetall-Transistoren ohne Bandlücke ermöglichen die Einzelatom-Transistoren Schaltungen und so die Durchführung von logischen Operationen bei Spannungen im Millivolt-Bereich, was den Energieverbrauch erheblich absenkt. Ausschlaggebend für die technische Anwendbarkeit ist jedoch die Schnittstelle zwischen der atomaren Elektronik und der Größenordnung konventioneller Elektronik auf der Makroebene.

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