Bei der Zellstoffproduktion fallen große Mengen an technischem Lignin an, das schwer verarbeitbar ist und daher meistens einfach als Brennstoff genutzt wird. Eine Forschungsgruppe berichtet nun in der Zeitschrift Angewandte Chemie, wie aus diesem Rohstoff, dem sogenannten Kraft-Lignin, der Aromastoff Vanillin umweltschonend gewonnen werden kann. Die Rohstoffe stammen aus vorhandenen Prozessen der Papierherstellung, lediglich Strom und Wärme werden benötigt.
Lignin ist neben Cellulose ein Hauptbestandteil von Holz. In seiner Molekülstruktur befindet sich die Struktur von Vanillin, dem Hauptaromastoff der Vanillepflanze. Vanillin kann daher aus Lignin hergestellt werden, und großtechnisch wird für die Vanillinproduktion Ligninsulfonsäure genutzt, ein Stoff, der bei manchen Verfahren zur Papierherstellung als Nebenprodukt anfällt.
Um aus Holzfasern Papier herzustellen, muss sämtliches Lignin entfernt werden, da das Papier sonst dessen braune Farbe annimmt und vergilbt. Bei dem derzeit industriell wichtigsten Aufschlussverfahren zur Papierherstellung, dem Kraft-Verfahren, entsteht jedoch nicht Ligninsulfonsäure als Abfallprodukt, sondern ein technisches Lignin, das sogenannte Kraft-Lignin, das sich schwerer oxidieren und depolymerisieren lässt als andere Lignine und deshalb nicht als Rohstoff, sondern bislang nur als Brennstoff für die Papierproduktion genutzt wird.
Umweltfreundliche Prozessumstellung
Die Forschungsgruppe um Siegfried Waldvogel von der Universität Mainz hat nun eine Methode der Vanillinproduktion aus Kraft-Lignin entdeckt, die umweltverträglich ist, ohne schädliche Chemikalien auskommt und zudem Rohstoffe nutzt, die bei der Zellstoffproduktion vorhanden sind. Ein Schlüsselschritt ist die Herstellung des Oxidationsmittels durch Elektrolyse von Natriumcarbonat.
„Die Idee entwickelte sich vor vielen Jahren, als wir innovative Elektrodenmaterialien ausprobierten, um aus einfachen Carbonaten Oxidationsmittel zu machen,“ berichtet Waldvogel. Eines dieser Elektrodenmaterialien war Bor-dotierter Diamant, und die Forschungsgruppe stellte fest, dass bei einer Elektrolyse mit diesem Elektrodenmaterial das Natriumcarbonat zu Peroxodicarbonat oxidiert wird. Dieses umweltfreundlich erzeugte Oxidationsmittel stellte sich als stark heraus, um das widerspenstige Kraft-Lignin zu knacken.
Frisch hergestellt, depolymerisierte und oxidierte das Peroxodicarbonat das Kraft-Lignin ähnlich wirkungsvoll wie klassische Verfahren, berichten die Forschenden. Anders als bei diesen Verfahren würden aber weder umweltschädliche Chemikalien eingesetzt noch produziert.
Der Bedarf an Vanillin ist hoch. „Die meisten Menschen kennen Vanillin nur als Vanille-Aroma, aber es ist auch fast überall in Schokolade und Parfüm enthalten,“ erklärt Waldvogel. Zusätzlich ist Vanillin Grundstoff für Pharmazeutika. Für die vielen Tausend Tonnen Vanillin, die jährlich benötigt werden, reicht die Gewürzvanille als Quelle nicht aus. Kraft-Lignin konnte bislang nicht genutzt werden. Eine Pilotanlage soll jetzt entstehen, berichtet Waldvogel. (Angewandte Chemie, 2023; doi: 10.1002/ange.202219217)
Quelle: Angewandte Chemie