InformatikerInnen entwickeln ein Designwerkzeug, das den Einsatz kosteneffizienter Technologie für gebogene Glasscheiben ermöglicht. Das Werkzeug basiert auf einem tiefen neuronalen Netzwerk und ermöglicht die freie Gestaltung von ansprechenden Glasfassaden.
Gebogene Glasfassaden können atemberaubend schön sein, aber traditionelle Bauweisen sind extrem teuer. Scheiben werden in der Regel durch „Heißbiegen“ hergestellt, bei dem Glas erhitzt und mit Hilfe einer Form oder speziellen Maschinen geformt wird. Das ist ein energieintensives Verfahren, bei dem überschüssiger Abfall in Form von einzelnen Formen anfällt. Kaltgebogenes Glas ist eine billigere Alternative, bei der flache Glasscheiben gebogen und direkt auf der Baustelle an Rahmen befestigt werden. Angesichts der Zerbrechlichkeit des Materials ist es jedoch äußerst schwierig, eine Form zu finden, die sowohl ästhetisch ansprechend als auch herstellbar ist. Mit einem interaktiven, datenunterstützten Designwerkzeug können ArchitektInnen nun genau dies tun.
Die von einem Team von WissenschaftlerInnen des IST Austria, der TU Wien, der UJRC und der KAUST entwickelte Software ermöglicht es den BenutzerInnen, das Fassadendesign interaktiv zu manipulieren und sofortige Rückmeldung über die Herstellbarkeit und Ästhetik der Verkleidung zu erhalten—ein sehr bequemer Weg, um die verschiedenen Realisierungen des Designs zu erforschen. Die Software basiert auf einem tiefen neuronalen Netzwerk, das mit speziellen physikalischen Simulationen trainiert wurde, um die Formen und die Herstellbarkeit von Glasscheiben vorherzusagen. Sie ermöglicht den BenutzerInnen nicht nur die interaktive Anpassung eines Entwurfs, sondern auch die automatische Optimierung eines gegebenen Designs und lässt sich leicht in den üblichen Arbeitsablauf eines Architekturbüros integrieren. Die Software und Forschungsergebnisse wurden auf der SIGGRAPH Asia 2020 vorgestellt.
Heißgebogenes und kaltgebogenes Glas
Heiß gebogenes Glas ist seit dem 19. Jahrhundert in Gebrauch, obwohl es erst in den 1990er Jahren allgemein verfügbar wurde. Dennoch ist das Verfahren nach wie vor unerschwinglich teuer und die Logistik für den Transport von gebogenem Glas ist besonders kompliziert. Eine Alternative, kaltgebogenes Glas, wurde vor etwa zehn Jahren entwickelt. Es war billig in der Herstellung, leichter zu transportieren, und die geometrische und visuelle Qualität waren besser als warm gebogenes Glas. Die Technik erlaubte es den ArchitektInnen auch, spezielle Glasarten zu verwenden und die Verformungsspannung der Paneele genau abzuschätzen.