Medizin

Coronaschutz im Klassenzimmer

Hochschule Coburg

Coburger Forscher haben untersucht, wie gut Trennwände und Lüftungsanlagen in geschlossenen Räumen gegen das Coronavirus schützen. Ergebnis: Mit dieser Ausstattung wäre wieder ein vergleichsweise normaler Schulunterricht möglich.

Kinder hocken beim Homeschooling am Küchentisch, an besseren Tagen sitzen sie mit Maske beim „geteilten“ Unterricht im halbleeren Klassenzimmer: Schule ist eines der großen Reizthemen der Pandemie. Aber was will man machen? Seit Monaten wird darüber diskutiert. Diskutiert wird vor allem, wie verhindert werden kann, dass Klassenkameraden sich gegenseitig und später vielleicht andere anstecken – jetzt weist eine Studie der Hochschule Coburg nach, dass Trennwände in Kombination mit Absauganlagen Infektionen mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindern. Masken müssten die Kinder in einem so ausgestatteten Klassenzimmer nur tragen, wenn sie ihren Platz verlassen.

Prof. Dr. Philipp Epple, Leiter des Labors für Strömungsmechanik der Hochschule Coburg, und Ass. Prof. (Split) Dr. Peter Dahlem, Chefarzt der Kinderklinik am REGIOMED-Klinikum Coburg, stellen die Studie gemeinsam vor. Beide in ihren Büros, beide sprechen in die Kameras ihrer Computer. „Wir haben die typische Sitzanordnung in einem Unterrichtsraum simuliert“, sagt Epple und startet eine Filmaufnahme: Zu sehen ist ein Raum mit einer Tafel, davor mehrere Reihen Schreibpulte. „Das ist Teil eines Hörsaals in der Fakultät Maschinenbau.“ Bis zu sechs Plätze wurden in verschiedenen Versuchen belegt. Von den Bänken aus schauen lebensechte Gummiköpfe in Richtung Tafel. Ihr Hals ist über einen Schlauch mit einer Nebelmaschine verbunden, aus den Mündern quillt Disconebel. Er demonstriert, wie sich Aerosole im Raum verteilen.

„Um die Luftströmung besser sichtbar zu machen, wird der Nebel mit einem grünen Linienlaser angestrahlt.“ Epple spult ein wenig vor: „Besonders eindrucksvoll zeigt sich das in den Nachtaufnahmen.“ Leuchtendes Grün sprüht jetzt aus einem Gummikopf gegen das Folienfenster einer Aufstellwand, es steigt nach oben, schwappt aber nicht über die Kante, sondern fällt in einer halbkreisförmigen Bewegung zurück. Der Effekt ist unabhängig davon, ob eine Maske getragen wird. „Auch ohne Absaugung erzielen Trennwände eine große Schutzwirkung, die besser als das Tragen des Mund-Nasenschutzes ist.“ Zumindest für eine gewisse Zeit, das sei wie bei den Masken: Irgendwann muss im Raum ein Luftwechsel stattfinden.

Im Film mit der Versuchsanordnung laufen Epples wissenschaftliche Mitarbeiter Michael Steppert und Michael Florschütz durchs Bild und verändern immer wieder die Szenerie: „Wir haben Tests mit Trennwänden links und rechts gemacht, dann zusätzlich mit einer Trennwand vorn, so dass sich eine U-Form ergibt, mit einer Umlenkleiste und mit Absauganlage.“ Epple spult wieder ein Stück: Peter Dahlem taucht am linken Bildschirmrand auf, geht zu einem der Plastikköpfe und nimmt diesem die Maske ab. Der Nebel sprudelt nun intensiver.

Im Vergleich: Mund-Nasenschutz und Trennwand

„Der Mund-Nasenschutz gilt als Spritzschutz vor größeren Aerosoltröpfchen“, sagt Dahlem. „Aber auch vor den flüchtigeren, kleineren virusbeladenen Aerosolpartikeln soll er schützen.“ Bei Kindern mit ihren meist schlecht sitzenden Alltagsmasken sei diese mechanische Barriere weniger zuverlässig als transparente Trennwände. „Das konnten wir eindeutig nachweisen.“ Hinzu kommt, dass Unterricht mit Trennwänden – aber ohne Maske – ein normales kindgerechtes Lernen wieder möglich macht: „Wir Kinderärzte wissen: Wenn ein Kind sich entwickeln soll, braucht es unbedingt die Mimik.“ Als Vater von zwei schulpflichtigen Jungs betrifft Dahlem das Thema auch persönlich. Im Sommer vergangenen Jahres fragte ihn die Schulleitung, was er von Trennwänden als Schutz im Klassenzimmer hält. Fast zeitgleich las er in der Zeitung, dass die Hochschule Coburg Strömungsmessungen zur Aerosolausbreitung untersucht. Also nahm er Kontakt zu Epple auf.

Jetzt spricht er darüber, wie die Viren sich an Aerosole haften. Es sind sehr flüchtige Schwebeteilchen in einer Größe von wenigen Mikro- und Nanometer. Disconebel simuliert exakt diesen Partikelbereich. Durch Konzentrationsmessungen der Partikel im nachgebauten Unterrichtsraum wiesen die Forscher nach, dass Absauganlagen in Kombination mit Trennwänden die Aerosolausbreitung sicher verhindern. „Natürlich kann niemand garantieren, dass sich keiner ansteckt“, sagt Epple, „Kinder kippeln mit dem Stuhl, tuscheln ohne Maske hinter der Trennwand oder an der Bushaltestelle oder sonst wo. Absolute Sicherheit gibt es nicht. Aber die Konzentration der virusbeladenen Aerosole mit unserer Methode im Unterrichtsraum ist sehr gering.“

Die Forscher raten dazu, diese Systeme in Schulen einzusetzen. „Wir haben uns von einer Firma ein Angebot machen lassen: Absaugung und Trennwände für ein Klassenzimmer mit 20 Plätzen würden etwa 3500 Euro kosten. Allerdings“, räumt der Professor ein, „ohne Montage. Das kann stark variieren. Vieles kann man selber machen, oder vielerorts übernimmt es der Hausmeister und dann wird es noch günstiger.“

Quelle: Hochschule Coburg

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