Sie stehen auf der Seite absolut jedes Produkts, das in Deutschland verkauft wird. Doch sie sind noch weitaus mehr. Barcodes, die unbekannten Tausendsassas.
1949 machten zwei Forscher eine Entdeckung, die aus der Distanz von fast 70 Jahren eine unglaubliche Revolution darstellt – eine von den meisten Menschen sträflich ignorierte Revolution. Der Barcode oder Strichcode, ist weitaus mehr, als ein Helferlein für die Bediensteten der Supermarktkasse. Er ist der geheime Code, von dem man ohne Übertreibung sagen kann, dass die moderne Welt ohne ihn nicht funktionieren würde. Grund genug, ihm auf den folgenden Zeilen eine kleine Hommage zuteilwerden zu lassen.
Was ist denn ein Barcode?
Nehmen Sie mal ein beliebiges Produkt in der Originalverpackung in die Hand. Er sticht immer ins Auge. Das, was da durch verschieden dicke Linien ausgedrückt wird, ist eine der beiden wichtigsten Varianten, der klassische 1D-Barcodes. Er heißt so, weil bei ihm nur eine Dimension gelesen wird, nämlich die Breite der Striche und der Abstände dazwischen. Zwar gibt es auch bei diesem Strichcode Untervarianten, ihnen allen gemeinsam ist jedoch, dass sie von einem Laser- oder LED-basierenden Scanner gelesen werden.
Das ist auch der Grund, warum Barcodes immer schwarz auf weiß gedruckt werden – maximaler Kontrast.Durch die genannten Abstände ergibt sich ein numerischer oder alphanumerischer Code – und mit diesen Informationen kann man praktisch alles anstellen.
Allerdings hat der klassische Strichcode seine Grenzen in der Breite – der Informationsgehalt kann nicht über die Ausdehnung des Scanners gesteigert werden. Ergo wurden mehrere 2D-Strichcodes erfunden, von denen der heute bekannteste der prominente QR-Code ist. Das sind diese zufällig wirkenden Vierecke voller schwarzer und weißer Flächen, die sehr gerne in der Werbung verwendet werden, etwa auf Plakaten. Doch dazu später mehr.
Die Vorreiter
Als Norman Woodland und Bernard Silver Ende der 40er an den ersten Barcodes tüftelten, hatten sie damit vor allem im Sinn, eine Art maschinell lesbaren Morsecode zu entwickeln – der Legende nach kam Woodland die Idee, als er am Strand mit den Fingern Linien in den Sand malte. Doch die Technik war noch nicht soweit. Nur mit sehr starken Lampen hätte man die Codes auslesen können.
Entnervt verkauften die Erfinder ihr Patent und widmeten sich anderen Aufgaben. Allerdings wurde der Code weiterentwickelt und mit ihm die Technik. Ende der 1960er lief das Patent aus und dann begann die große Stunde. Denn der amerikanische Lebensmittelhandel suchte verzweifelt nach einer Lösung, wie man die immer umfangreicher und schneller werdenden Waren Ein- und Ausgänge möglichst rasch ins System integrieren konnte. Vor allem beim Supermarktgiganten Walmart wusste man von der Strichcode-Idee – und machte der Industrie Druck, eine alltagstaugliche Lösung zu entwickeln.
Allerdings: Es war nicht Walmart, der das erste Produkt mit Strichcode scannte. Das passierte in einem Supermarkt der Kette Marsch in Ohio, wo eine Kaugummipackung eingescannt wurde. Doch von da an ging es rasend schnell: 1973 führten die Amerikaner den UPC-Standard ein, die Europäer folgten 1976 mit dem EAN. Doch es dauerte noch bis 1977, bis es auch in einem deutschen Geschäft erstmals an der Kasse piepste.
Eine Handvoll Striche gehen um die Welt
Produkte des alltäglichen Gebrauchs sind zwar die sichtbarste Benutzung des Strichcodes, aber längst nicht die einzige. Um es ganz kurz zu machen: Die heutige Industrie käme ohne Barcode nicht mehr aus:
- In der Logistik ermöglicht er es, unternehmens- und grenzübergreifend größte Überseecontainer oder kleinste Blisterverpackungen einem Hersteller, einer Marge zuzuordnen und so dafür zu sorgen, dass nichts verloren geht oder auf Abwege gerät.
- In der Produktion dient er dazu, zueinander passende Einzelteile zusammenzustellen – extrem wichtig, wenn hier nur Roboter werkeln.
- In Labors dienen Barcodes dazu, Proben unabhängig von Zahlenkolonnen oder Namen immer genau einer Person oder einem Bearbeiter zuzuordnen.
Und auch an einem weiteren Punkt machen wir alle Gebrauch von den Codes: wenn wir in den Urlaub fliegen. Der Aufkleber, der am Check-In ausgedruckt und an unseren Koffergriff geklebt wird, enthält auch einen Barcode – der das Ladepersonal auf der ganzen Welt darüber aufklärt, wem das Gepäckstück gehört, wo es aufgegeben wurde und wo es (eigentlich) hinreisen sollte.
Die Zukunft ist längst da
Doch wie bereits erwähnt hat der Barcode eine begrenzte Informationsmenge. Gerade in unserer hochdigitalisierten, sehr datenintensiven Welt, kann das für die insgesamt 95 Striche des EAN13-Codes bereits zu wenig sein.
Bereits in den 1980ern begannen Forscher daher, an einem „erweiterten“ Barcode zu arbeiten. Neben der Information, die durch Abstände in der Breite gegeben war, wollten sie auch die Höhe dafür nutzen. Heraus kamen verschiedene Matrizen. Ihnen allen gemein war und ist, dass sie genau viereckig sind und darin das gleiche Schwarz/Weiß-Prinzip von Informationen zur Verfügung steht.
Auf einem QR-Code lassen sich so beispielsweise satte 7089 numerische oder bis zu 4296 alphanumerische Zeichen darstellen – also ein gehöriges Mehr an Informationen gegenüber dem Strichcode.
Doch es folgte noch mehr: In den späten 00er-Jahren verfolgte unter anderem Microsoft eine Technik, die neben den zwei Dimensionen die Farbe als dritte Dimension hinzunahm, der sogenannte High Capacity Color Barcode. Allerdings war das die Antwort auf ein (noch) nicht bestehendes Problem. Praktisch sämtliche der oben genannten Anwendungen können mit herkömmlichen zweidimensionalen Codes geregelt werden.
Allerdings kennt Forschung keinen Stillstand. Und so befindet sich bereits der 4D-Barcode in den Startlöchern:
- Höhe
- Breite
- Farbe
- Bewegung
dienen hier als Informationsträger. Die vierte Dimension wird über die Zeitdauer geregelt, für die ein bestimmtes Feld in einer bestimmten Farbe zu sehen ist. Allerdings hat dieser Barcode einen ganz gehörigen Nachteil: Im Gegensatz zu allen anderen konterkariert er einen der größten Vorteile, die kinderleichte Ausdruck- und Anbringbarkeit. Überall. Egal ob im klinisch reinen Labor oder dem Deck eines Schiffes.
Insofern muss man Mister Woodland tatsächlich dankbar sein, dass er damals gelangweilt am Strand saß.
(Der Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit dem externen Autor Daniel Theiss., 04.01.2018 – )