Auf Gewässern installierte Photovoltaik-Anlagen – sogenannte Floating-PV – boomt weltweit. In Deutschland sind bisher 21 Megawatt Peak installierte PV-Leistung auf Gewässern in Betrieb, weitere 62 Megawatt Peak in Genehmigung oder Konstruktion. Eine Analyse von RWE und dem ISE ergab nun, dass das Potenzial schwimmender Photovoltaik-Anlagen damit bei weitem nicht gehoben ist: Selbst bei strengen technischen, wirtschaftlichen und ökologischen Vorgaben kommt das Team auf 1,8 Gigawatt Peak (Südausrichtung der Solarmodule), beziehungsweise 2,5 Gigawatt Peak (Ost-West-Ausrichtung) PV-Leistung, die auf Deutschlands künstlichen Seen installiert werden könnten.
Um noch mehr Gewässerfläche für den Ausbau der Solarenergie zu nutzen, müsste die 15 Prozent-Belegungsgrenze gelockert werden.
Ein Studienteam von RWE und des Fraunhofer ISE analysierte künstliche Gewässerflächen in Bezug auf die technische Umsetzbarkeit von Floating-PV-Anlagen, sowie der Einhaltung von Vorgaben im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und Wasserhaushaltsgesetz. Diese besagen, dass in Deutschland maximal 15 Prozent einer Gewässeroberfläche mit Solaranlagen bedeckt werden können und ein Abstand zum Ufer von mindestens 40 Metern eingehalten werden muss. Des Weiteren zogen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nur künstliche Seen in Betracht, die in keinen Schutzzonen wie beispielweise in Naturschutzgebieten oder Biosphärenreservaten liegen, und – um eine Wirtschaftlichkeit der Anlage zu garantieren – nicht weiter als 5 Kilometer von Einspeisepunkten ins Mittelspannungsnetz entfernt sind.
»Unter diesen Bedingungen kommen wir auf ein wirtschaftlich-praktisch erschließbares Floating-PV-Potenzial für Deutschland von 1,8 Gigawatt Peak für PV-Installationen mit einer Südausrichtung beziehungsweise einem Potenzial von 2,5 Gigawatt Peak, wenn die Floating-PV-Anlagen eine Ost-West-Ausrichtung hätten«, erklärt Dr. Karolina Baltins, Leiterin des Themenfelds Schwimmende Photovoltaik am Fraunhofer ISE. »Das rein technische Potenzial aller künstlicher Seen ab ein Hektar Mindestgröße ist mit mindestens 14 Gigawatt Peak bei einer 15-prozentigen Gewässerabdeckung sowie 20 Meter Randstreifen sogar noch deutlich größer und wären 35 Prozent Abdeckung erlaubt, stiege das technische Potenzial auf bis zu 45 Gigawatt Peak.«.
Mitstudienautorin Cassandra Mpofu, bis Ende Juni 2024 am Fraunhofer ISE beschäftigt und mittlerweile bei der Mailänder Consult GmbH, ergänzt: »In den in der Analyse betrachteten Randstreifen ist aufgrund von Verschattung, Vegetation, zu niedrigen Wassertiefen und ähnlichem eine Floating PV-Nutzung oft nicht möglich. Deswegen wurden sie bei dieser konservativen Potenzialberechnung nicht berücksichtigt.«
In Deutschland gibt es 6.043 künstliche Seen mit einer Größe von mindestens einem Hektar, die gemeinsam eine Fläche von über 90.000 Hektar bilden. Die meisten von ihnen liegen in Sachsen und Baden-Württemberg, bei etwa 70 Prozent handelt es sich um Kiesgruben, daneben untersuchte die Studie Stauseen, Rückhaltebecken, Talsperren und Bergbauseen.
Die Potenzialanalyse ist Teil des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten Forschungsprojekts »PV2FLOAT«. Das Team aus RWE- und Fraunhofer-ISE-Mitarbeitenden nutzte zur Erfassung der Flächen Geoinformationssysteme, die eine räumliche Analyse der einzelnen Gewässer ermöglichen. Die Potenziale der neu entstehenden Gewässerflächen in den Braunkohlerevieren wie beispielweise dem Lausitzer oder Mittelrheinischen Gebiet wurden in der Studie nicht berücksichtigt. Diese bilden weitere potenzielle Wasserflächen für schwimmende Solaranlagen.