Holz ist ein knappes Gut. Da ist es nur logisch, dass auch die Papierindustrie nach Alternativen sucht. Eine Forschungsgruppe um HM-Professorin Helga Zollner-Croll beschäftigt sich mit der Extraktion von Zellstoff aus Nicht-Holzpflanzen. Erfolgreich, wie sich zeigt.
Für die Herstellung von Papier – sei es für Druckerpapier, Hygienepapier oder für Verpackung – werden Zellulosefasern benötigt. Eine übliche Quelle hierfür ist Holz. Zunehmend ein knapperes Gut, mit dem insbesondere in Zeiten des Klimawandels sorgsam umgegangen werden sollte. „Auch in der Zellstoffindustrie geht der Trend dahin, Holz als Rohstoff zu einem bestimmten Prozentsatz zu ersetzen“, erklärt Prof. Dr. Helga Zollner-Croll von der HM-Fakultät für Technische Systeme, Prozesse und Kommunikation.
Im Bachelor Verpackungstechnik und Verfahrenstechnik Papier startete die Professorin daher eine Machbarkeitsstudie zur Verwendbarkeit von Nicht-Holzpflanzen für die Papierherstellung – gemeinsam mit ihren Studierenden. Eine von ihnen ist Anna Lexa: „Wir haben intensiv drei alternative Rohstoffe für die Zellstoffherstellung untersucht: Hopfen, Hanf und Miscanthus.“ Allesamt Einjahrespflanzen, die weitaus günstiger im Einkauf sind als Holz und die in der Landwirtschaft teils sogar als Abfallprodukt der Ernte anfallen.
Zellstoffgewinnung durch Kochungen
Für die Forschungsstudie mussten die getrockneten Einjahrespflanzen zunächst klein gehäckselt werden. Anschließend wurden ihre Extraktstoffe bestimmt, darunter auch das Polymer Lignin, das der Pflanze als Stützmaterial dient, und das für den resultierenden Zellstoff bestmöglich entfernt werden sollte. Schließlich folgte der aufwendigste Part der Forschung: die verschiedenen Kochungen aller drei Rohstoffe. „Wir haben jeweils kleine Mengen von Hopfen, Hanf und Miscanthus drei Zellstoff-Kochungen unterzogen: dem Natural-Pulping-Verfahren mit Methansäure, dem Acetosolv-Verfahren mit Essigsäure und der Soda-Kochung mit Natronlauge“, so Zollner-Croll.
Große Ausbeute bei Miscanthus
Im Anschluss wurden die Ausbeuten und die Fasereigenschaften untersucht – und mit verfügbaren Daten für Zellstoff aus Kiefern- und Fichtenholz verglichen. „Interessiert hat uns vor allem die Ausbeute“, sagt Lexa, „also die Quote, wie viele Fasern wir aus wie viel Zellstoff erhalten.“ Insbesondere der Miscanthus konnte hier überzeugen: mit einer Ausbeute von 86 Prozent. Zum Vergleich: Holz erzielt in der gängigen Methode der Sulfat-Kochung nur rund 55 Prozent, der Rest ist Ablauge.
„Damit bestätigt sich das große Potenzial von Einjahrespflanzen und Gräsern“, so Zollner-Croll. Sie und ihr Forschungsteam bleiben also dran, untersuchen Wiederholbarkeiten und planen, Maschinenversuche in größere Mengen durchzuführen: „Aktuell ist unsere Herausforderung, dass sich das Natural-Pulping-Verfahren in Europa noch nicht durchgesetzt hat und deshalb gegenwärtig kaum Anlagen mit der notwendigen Ausstattung zur Verfügung stehen.“ Doch die HM-Forschenden sind sich sicher, dass sich diese Investition langfristig lohnen wird: für die Industrie – und für unser Klima.
Quelle: Hochschule München