Medizintechnik

Fused Fiber Photometry (FFP) – flexibles und vielseitiges System zur Aufzeichnung neuronaler Aktivität

Universitätsmedizin Mannheim

Wissenschaftler der Abteilung Neurophysiologie der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg haben ein flexibles und vielseitiges System entwickelt, das die Erforschung der Gehirnfunktionen in vielseitiger Art und Weise ermöglicht, und durch seine kostengünstige und einfache Implementierung für viele Labore weltweit zugänglich ist. Das FFP-System (Fused Fiber Photometry) ist einfach, flexibel und preiswert. Das innovative Konzept koppelt die Mehrfarben-Photometrie mit der Optogenetik.

Ein wichtiger Ansatz in der Hirnforschung ist, die Aktivität einzelner Gehirnareale zu steuern und zu messen, um auf deren Funktion schließen zu können. Zum Einsatz kommen dabei immer häufiger auch Methoden der Optogenetik, die es erlauben, mittels optischer Methoden die Funktion genau definierter Zellpopulationen zu testen. Dazu werden in die Nervenzellen lichtempfindliche Schalter eingebaut, durch die es möglich wird, ihre Aktivität mittels Licht ein- und auszuschalten und dadurch auf deren Funktion schließen zu können. Neurone und neuronale Schaltkreise können auf diese Weise präzise manipuliert und erforscht werden.

Gehirnfunktionen können sowohl mit elektrophysiologischen als auch mit optischen Methoden gemessen werden. Beide Techniken erfordern jedoch teure, hochentwickelte Geräte, erzeugen enorme Datenmengen und die Analyse ist oft kompliziert. Eine einfache Alternative zu diesen sehr aufwändigen Methoden ist die Faserphotometrie, bei der die Aktivität der Nervenzellen über eine optische Faser gemessen wird. Die Faserphotometrie wird häufig eingesetzt, um die Kalziumdynamik in genetisch definierten Neuronenpopulationen zu erfassen und darüber Rückschlüsse auf die Gehirnaktivität zu ziehen. Zum Einsatz kommen dabei fluoreszierende Kalziumindikatoren.

Die Faserphotometrie ermöglicht Rückschlüsse auf die Gehirnaktivität auch tiefer und schwer zu erreichender Hirnareale im frei beweglichen Tier und ist außerdem in der Datenanalyse unkompliziert. Die Photometrie erfreut sich daher in den letzten Jahren großer Beliebtheit und hat wesentlich zum Verständnis der Hirnfunktionen beigetragen. Gleichzeitig wurde die molekulare Werkzeugkiste der genetisch kodierten fluoreszierenden Biosensoren ständig erweitert. Neben der Vielfalt an Kalziumindikatoren wurden auch andere genetisch kodierte Biosensoren entwickelt, die das Membranpotenzial, die Freisetzung von Neurotransmittern, den pH-Wert oder verschiedene zelluläre Metabolite messen.

Die Vielseitigkeit und Anwendbarkeit der Faserphotometrie nimmt damit ständig zu. Diese neuen molekularen Werkzeuge implementieren und innerhalb eines Versuchsansatzes mit optogenetischen Aktoren kombinieren zu können, bringt jedoch erhebliche technische Herausforderungen mit sich. Derzeit sind für die optische Stimulierung und das Auslesen, ebenso wie für die Kombination mehrerer Biosensoren in einem Experiment, unterschiedliche Baugruppen mit optischer Hardware erforderlich.

Die Wissenschaftler der Abteilung Neurophysiologie in Mannheim, unter der Leitung von Professor Dr. Simon Wiegert, haben nun ein flexibles und vielseitiges System entwickelt, bei dem faserphotometrische Aufzeichnungen leicht mit optogenetischen Manipulationen in einem einzigen Gerät kombiniert werden können. Kernstück des FFP-Systems ist ein optischer Multimode-Schmelzfaserkoppler, der sowohl die Lichtzufuhr als auch die Lichtsammlung übernimmt. In Kombination mit einer mehrfarbigen Lichtquelle und geeigneten Emissionsfiltern bietet der Ansatz eine hohe Flexibilität bei der Versuchsplanung und erleichtert die Anwendung neuer molekularer Werkzeuge zu minimalen Kosten.

Das FFP-System kann Licht jeder Wellenlänge übertragen. Entsprechend können Fluoreszenzindikatoren mit beliebigen spektralen Eigenschaften zum Einsatz kommen. „Das System könnte die Erforschung der Gehirnfunktionen revolutionieren, da es einfach, flexibel und preiswert ist, und die Bandbreite der Faserphotometrie weit über die Möglichkeiten herkömmlicher Standardaufbauten hinaus erweitert“, sagt Simon Wiegert. (Cell Reports Methods, 2023; doi: 10.1016/j.crmeth.2023.100418)

Quelle: Universitätsmedizin Mannheim

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