Das TanDEM-X-Höhenmodell mit 90 Meter Abtastung wurde für die wissenschaftliche Nutzung freigegeben und steht nun als globaler Datensatz zur Verfügung. Damit orientiert sich das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) an der europäischen Datenpolitik im Rahmen des Erdbeobachtungsprogramms Copernicus mit einem offenen und kostenfreien Zugang zu Satellitendaten.
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Als der Radarsatellit TanDEM-X am 21. Juni 2010 ins All startete, flog sein „Zwilling“ TerraSAR-X dort bereits seit dem 15. Juni 2007 um die Erde. Gemeinsam, im engen Formationsflug, zeichnen die beiden deutschen Radarsatelliten seitdem die Erde auf – beide Satelliten „sehen“ während des Überfluges denselben Geländeabschnitt, allerdings aus leicht unterschiedlicher Perspektive. Das am Boden reflektierte Signal trifft wegen der geringfügig unterschiedlichen Entfernung mit leichtem Zeitversatz bei den Satelliten ein. Dieser Entfernungsunterschied wird interferometrisch auf Millimeter genau erfasst.
Um genaue Höhen zu berechnen, waren zwischen 2011 und Ende 2015 mehrfache Aufnahmen der gesamten Landoberfläche der Erde notwendig. Dabei variierte der Abstand zwischen den beiden Zwillingssatelliten zwischen 500 Metern und teilweise nur noch 120 Metern. Daraus entstand an den Rechnern des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen ein digitales Höhenmodell der Erdoberfläche (DEM, digital elevation model). Aus den vollaufgelösten Daten mit einem Messpunktabstand von zwölf Metern wurden auch Varianten mit reduzierten Auflösungen von 30 Metern und 90 Metern erstellt. Während der Zugang zu den zwölf Meter und 30 Meter Höhenmodellen wegen der kommerziellen Verwertung gewissen Beschränkungen unterliegt und ein wissenschaftliches Antragsverfahren erfordert, wird nun das 90 Meter-DEM auf einem Server des DLR kostenfrei für die wissenschaftliche Datennutzung zur Verfügung gestellt.
148 Millionen Quadratkilometer kartiert
Das TanDEM-X-DEM deckt sämtliche Landoberflächen der Erde mit insgesamt mehr als 148 Millionen Quadratkilometer ab. Die absolute Höhengenauigkeit beträgt dabei einen Meter. Dieses Abbild der Erde in 3D wurde im September 2016 fertiggestellt und ist ca. 30 Mal genauer als andere globale Datensätze. Die mit TanDEM-X und TerraSAR-X erstellten Höhenmodelle haben zusätzlich den Vorteil, dass sie die Erde erstmals mit einheitlicher Genauigkeit und ohne Lücken erfassen.
„Mit dem freien und unkomplizierten Zugang zu den Höhenmodellen von TanDEM-X mit 90-Meter-Raster erwarten wir weltweit mehrere 100.000 Downloads in den nächsten Monaten für Anwendungen im Bereich der Geo-, Hydro- und Umweltwissenschaften sowie Infrastrukturplanung und Fernerkundung“, erläutert Prof. Alberto Moreira, Direktor des DLR-Instituts für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme. Kommerzielle Nutzer müssen sich weiterhin an Airbus Defence & Space wenden.
Wissenschaftlerteams aus 70 Ländern
Insgesamt arbeiten schon über 2400 Wissenschaftler aus 70 verschiedenen Ländern mit den Radardaten von TanDEM-X und TerraSAR-X. Die digitalen Höhenmodelle können für topografische Karten verwendet werden, aber auch für die Erfassung von Landschaftsnutzungen und Vegetation, für hydrologische Informationen wie beispielsweise Entwässerungswege oder Nässegehalts des Bodens oder auch für die Beobachtung von polaren Eiskappen oder Gletschern.
Derzeit nehmen die beiden Satelliten im Formationsflug die Erde weiterhin auf, um Änderungen der Topografie zu erfassen, die sich zwischenzeitlich beispielsweise durch Erdbeben, bei Gletschern, in Permafrostgebieten oder bei landwirtschaftlich genutzten Gebieten und in urbanen Räumen ergeben haben. Die Satelliten funktionieren nach elf und acht Jahren im Orbit weiterhin einwandfrei und haben ihre nominelle Lebensdauer von 5,5 Jahren weit übertroffen. „Die Qualität der Daten von TerraSAR-X und TanDEM-X ist nach wie vor hervorragend, beide Radarinstrumente arbeiten wie am Anfang der Mission. Auf Grund der noch verfügbaren Treibstoffressourcen und des guten Zustands der Batterien erscheint ein Betrieb über 2020 hinaus möglich“, erläutert DLR-Missionsmanager Dr. Stefan Buckreuß.
Tandem-L – Mission für die Zukunft
Eine mögliche Nachfolgemission hat das DLR auch bereits entworfen: Das Tandem-L-Missionskonzept sieht zwei Radarsatelliten im L-Band (23,6 Zentimeter Wellenlänge) vor und soll die dynamischen Prozesse auf der Erdoberfläche erfassen. Ziel von Tandem-L ist es, die Landmasse der Erde im Wochenrhythmus abzubilden. „Die Mission würde neue Maßstäbe in der Erdbeobachtung setzen, den globalen Wandel mit einer neuen Qualität beobachten und wichtige Handlungsempfehlungen ermöglichen“, betont Prof. Alberto Moreira. Mit der neuen Technologie könnten die dreidimensionalen Struktur von Vegetations- und Eisgebieten sowie die großflächige Vermessung von Deformationen mit Millimetergenauigkeit erfolgen.
(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 08.10.2018 – NPO)