Bereits vor der Corona-Pandemie sind viele Menschen aus den Städten aufs Land gezogen. Steigende Mieten und Lebenshaltungskosten in den Städten, aber auch der Wunsch nach einem ländlichen Lebensstil und mehr Freiheit zogen viele Menschen aufs Land. Es ist ein Trugschluss, anzunehmen, dass sich diese Entwicklung positiv auf Natur, Umwelt und Klima auswirkt. Auch wenn die Menschen in den Gärten verstärkt ihr eigenes Obst sowie Gemüse anbauen und damit für mehr Biodiversität sorgen können, hat die verstärkte Besiedlung ländlicher Regionen viele negative Folgen für Umwelt und Klima.
Verstärkte Abwanderung der Menschen aus den Städten
Eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) und des Allensbach Instituts zeigt, dass immer mehr Menschen im Alter von 30 bis 50 Jahren den Städten den Rücken kehren und aufs Land ziehen. Das zeigt sich deutlich am Wanderungssaldo, der sich ergibt, wenn von den Zuzügen in eine Stadt oder in einen Landkreis die Wegzüge subtrahiert werden. In deutschen Großstädten beträgt der Wanderungssaldo im Schnitt minus 6,5 Menschen auf 1.000 Einwohner. Anders sieht es in den Landkreisen aus, wo der Wanderungssaldo mit durchschnittlich 10 Menschen auf 1.000 Einwohner positiv ist. Diese Zahlen wurden bereits vor dem Beginn der Corona-Krise ermittelt. Dieser Trend hat sich ab 2020 noch beschleunigt. Von den Eigenheimbesitzern sind 62 Prozent mit ihrer Wohnsituation zufrieden. Bei den Mietern sind es lediglich etwas über 20 Prozent . Die Menschen ziehen aufs Land, da sie sich einen Garten, mehr Platz und schnelles Internet wünschen. Mit schnellem Internet sind die ländlichen Regionen inzwischen oft deutlich besser versorgt als die Städte.
Warum große Städte und leeres Land für die Umwelt besser sind
Die Flucht der Städter auf Land ist mit einer Suburbanisierung verbunden, die vor allem die Regionen um die großen Städte, die Speckgürtel, betrifft. Dort ist bereits eine gute Infrastruktur vorhanden. Die Menschen genießen ähnliche Freiheiten wie auf dem Land, müssen aber auf Komfort nicht verzichten und nur kurze Wege in die Stadt zurücklegen. Der Ausbau der Infrastruktur in diesen Regionen vermindert die Freiflächen, die Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere sind. Da auch die weiter entfernten ländlichen Gebiete immer beliebter werden, muss auch dort die Infrastruktur ausgebaut werden. Viele Dörfer haben in den letzten Jahren rasant an Größe zugelegt, da dort Wohngebiete und Eigenheime entstanden sind. Wiesen, Wälder und andere Freiflächen mussten dafür weichen. Allein diese Tatsache heizt den Klimawandel an, denn in den Wäldern und Grünflächen wird viel Kohlendioxid gebunden. Biodiversität geht verloren, da vielen Pflanzen und Tieren eine wichtige Existenzgrundlage genommen wird. Die Menschen, die aufs Land ziehen, können diese Entwicklung nicht aufhalten, auch wenn sie auf Nachhaltigkeit setzen und Biogärten anlegen. Der Bau von Einfamilienhäusern und Wohngebieten führt zu einer verstärkten Flächenversiegelung.

Ausbau der Infrastruktur in ländlichen Regionen und die Folgen
Die Flucht aus der Stadt aufs Land führt zu einem stärkeren Pendleraufkommen. Da der öffentliche Verkehr in den ländlichen Gebieten oft erst in der Entwicklung steckt, sind die Pendler aufs Auto, was zu einer verstärkten CO2-Emission führt. Um in die Stadt zu gelangen, müssen die Menschen längere Wege zurücklegen. Würden sie in der Stadt bleiben, hätte das geringere Folgen für Umwelt und Klima, da weniger CO2 in die Luft gelangt. Die Menschen fahren nicht nur in die Städte, um zu arbeiten, sondern auch, um einzukaufen oder ihre Kinder dort in Schulen oder Kindertagesstätten zu bringen. Diese Möglichkeiten fehlen oft in den Dörfern oder sind vor ungefähr 20 Jahren verlorengegangen, als die Menschen verstärkt vom Land in die Stadt zogen. Die Infrastruktur ist in den ländlichen Gebieten oft noch nicht genug ausgebaut. Die wachsende Einwohnerzahl in den ländlichen Gegenden verlangt nach einem Ausbau des Verkehrsnetzes. Das führt zu einer verstärkten Flächenversiegelung. Die Siedlungs- und Verkehrsfläche nimmt in Deutschland täglich um ungefähr 60 Hektar zu, was etwa 100 Fußballfeldern entspricht. Die Hälfte dieser Fläche ist versiegelt, da der Boden gepflastert, asphaltiert, betoniert oder auf andere Weise befestigt ist. Das wirkt sich auf verschiedene Weise negativ auf Natur, Umwelt und Klima aus: