Raumfahrt

Hightech-Ozeanwächter ins All gestartet

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

Der Meeresbeobachtungs-Satellit Sentinel 3 im Erdorbit (Illustration) © DLR

Welchen Schwankungen unterliegt der Meeresspiegel? Wie hoch ist die Wasserqualität von Nord- und Ostsee? Welche Rolle spielt der Ozean im Kohlenstoffkreislauf der Erde? Der Erdbeobachtungssatellit Sentinel-3A ist am 16. Februar 2016 um 18.57 Uhr MEZ mit einer Rockot-Rakete vom russischen Weltraumbahnhof in Plesetsk gestartet und liefert nun die Grundlagen, um diese wichtigen Fragen zu beantworten.

Dieser Wächtersatellit ist der erste Teil der Ozeanmission im Copernicus-Programm der Europäischen Kommission und der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Der ESA-Teil wird mit einem Drittel von Deutschland finanziert und vom Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) betreut. Das Deutsche Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) des DLR wertet spezielle Daten der Sentinel-3-Mission aus.

Für die Erde ins All

Dieser „Hightech-Ozeanwächter im All“ wird aus seinem Orbit in 815 Kilometern Höhe – ähnlich wie bei einem Schiffsausguck – die Meere beobachten und so Ozeanvorhersagen sowie Umwelt- und Klimaüberwachung unterstützen. Denn neben der Meeresbeobachtung hat Sentinel-3A die Aufgabe, die globalen Landoberflächen in zeitlich hoher Frequenz zu beobachten. So können die Vegetation überwacht, Waldbrände und andere Feuer aufgespürt und Frühwarnsysteme wie etwa gegen illegale Tropenwaldabholzung betrieben werden.

„Sentinel-3A lässt uns den Zustand und die Entwicklung unserer Meere und der Landoberfläche nun mit anderen Augen sehen. Dadurch können wir die Auswirkungen des globalen Wandels besser verstehen, Anpassungsmaßnahmen entwickeln sowie für ein nachhaltiges Management natürlicher Ressourcen sorgen“, erklärt Michael Nyenhuis, der im DLR Raumfahrtmanagement die Sentinel-3-Missionen betreut.

„Für die richtige Bewertung der Informationen müssen hochwertige Daten zuverlässig zur Verfügung stehen – auch durch die Verarbeitung und Archivierung der Sentinel-3-Daten auch durch das Deutsche Fernerkundungsdatenzentrum sind die Voraussetzungen gegeben“, ergänzt Stefan Dech, Direktor des DFD.

Sentinel-3A – 1.150 Kilogramm Hightech

Seine Sensoren vermessen Ozean-, Eis- und Landoberflächen. Ein hochpräzises Radar-Altimeter erfasst die Meeresspiegelhöhe (SRAL). Ein Radiometer misst die Ozean- und Landoberflächentemperatur (SLSTR) mit einer Genauigkeit von 0,3 Grad Celsius. Außerdem beobachtet ein optisches Instrument die Ozean- und Landoberflächen (OLCI).

Damit setzt Sentinel-3A die Messungen früherer Satelliten fort – insbesondere des 2012 außer Betrieb gestellten ESA-Satelliten ENVISAT. Seine Instrumente steigern zusätzlich die Produktqualität durch eine verbesserte spektrale Auflösung, erhöhen die zeitliche Auflösung und verbessern die Messung von Atmosphärenparametern.

Sieben Jahre lang soll der „Wächter“ die Erde beobachten. Seine Lebensdauer kann aber unter günstigen Bedingungen auf bis zu zwölf Jahre verlängert werden. 2017 soll der baugleiche Satellit Sentinel-3B seine Arbeit im Weltraum aufnehmen. Er wird die Erde zeitversetzt auf einer identischen polaren Umlaufbahn in 815 Kilometern Höhe umrunden. Damit verdoppelt sich die Aufnahmekapazität und erlaubt dem Satellitenpaar alle zwei Tage eine globale Abdeckung.

Ein Ozean voller Daten

Big Data ist in aller Munde – auch bei Copernicus bestimmen riesige Datenmengen das Geschehen. Immerhin sollen nicht nur die Daten von sechs Satellitenfamilien, sondern auch die dazugehörigen Informationsprodukte jederzeit zuverlässig zur Verfügung gestellt werden.

„Zur Vorbereitung auf die realen Datenströme fördert das DLR Raumfahrtmanagement die Entwicklung der notwendigen Technologien und unterstützt dadurch Forschungsinstitutionen, Dienstleistungsunternehmen und andere öffentliche und private Nutzer in der Nutzung der Satellitendaten. So wurden auf der Basis simulierter Beobachtungen neue mathematische Verfahren und Technologien zur Datenverarbeitung entwickelt, um etwa Wasserinhaltsstoffe, Meeresspiegelhöhe oder Ozeanoberflächentemperatur bestimmen zu können“, erklärt Nyenhuis.

Auch auf europäischer Ebene wurden und werden Anstrengungen unternommen: Durch die ESA wurden Software-Werkzeugkisten – sogenannte Toolboxes – zur Visualisierung, Analyse und Verarbeitung von Satellitendaten der Sentinels entwickelt. Sie stehen den Nutzern nun frei zur Verfügung.

DLR ist Teil des Bodensegments

Neben den Antennensystemen zum Empfang von Satellitendaten und den Prozessoren zur Erstellung von Informationsprodukten gehören Systeme zur Archivierung und zum Datenmanagement zu den Bestandteilen des sogenannten Bodensegments. Ein Teil davon wird in europäischer Zusammenarbeit aufgebaut und besteht unter anderem aus Processing and Archiving Centers (PACs) zur Verarbeitung, Langzeitarchivierung und Verteilung der Satellitendaten.

Um die von Sentinel-3A gelieferten Rohdaten effizient verarbeiten und archivieren zu können, besteht eine Aufteilung zwischen der ESA und der Europäischen Organisation für die Nutzung meteorologischer Satelliten (EUMETSAT) für die Bereitstellung der Datenprodukte. Meeresbezogene Datenprodukte werden von EUMETSAT bereitgestellt.

In der Verantwortung der ESA wurden in europäischer Zusammenarbeit drei PACs geschaffen, die sich speziell um die Daten der Sentinel-3-Mission kümmern. Das DFD in Oberpfaffenhofen ist eines dieser Sentinel-3-PACs und kümmert sich speziell um die sogenannten OLCI-Daten für Landanwendungen. Über das Copernicus-Wide-Area-Network kommen die Rohdaten aus der Empfangsstation im norwegischen Svalbard (Spitzbergen) an. Diese Daten werden dann in Oberpfaffenhofen in einem zweistufigen Verarbeitungsverfahren zu höherwertigen Daten prozessiert. Die dabei entstandenen Produkte werden anschließend in einem Long-Term Archive (LTA) für mehrere Jahre gespeichert. Über ein europäisches Hochleistungsnetzwerk werden diese Datenweltweiten Nutzern zur Verfügung gestellt.

Die Mitarbeiter des PACs im DFD beginnen bereits wenige Tage nach dem Start des Satelliten Sentinel-3A mit ihrer Arbeit. Spätestens ein halbes Jahr nach Beginn der Mission sind dann die Daten auf der europäischen Plattform einer breiten Öffentlichkeit verfügbar. Die riesigen Datenmengen werden im Deutschen Satellitendatenarchiv des DFD gespeichert. Das DFD rechnet damit, dass innerhalb eines Jahres bis zu 300 Terabyte an OLCI-Daten in Oberpfaffenhofen archiviert werden. Dort lagern sie unter anderem neben mehr als 700.000 Datensätzen der Sentinel-1-Mission, die ebenfalls vom dortigen PAC betreuet wird.

(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 17.02.2016 – NPO)

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