Mehr als die Hälfte der aktiven Vulkane der Erde werden nicht instrumentell überwacht. So können Ausbrüche auftreten, vor denen man mindestens theoretisch Menschen hätte warnen können, ohne dass dabei ein Alarm ausgelöst wird. Forschende der Technischen Universität Berlin und des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ in Potsdam haben nun die Vulkanüberwachungsplattform MOUNTS geschaffen, die verschiedene Messdaten zusammenführt und Satellitenbilder unter anderem mithilfe von „maschinellem Lernen“ analysiert.
Mehr als die Hälfte der aktiven Vulkane der Erde werden nicht instrumentell überwacht. So können Ausbrüche auftreten, vor denen man mindestens theoretisch Menschen hätte warnen können, ohne dass ein Alarm ausgelöst wird. In einem ersten und noch frühen Schritt auf dem Weg zu einem Vulkanwarnsystem ist in einem Forschungsprojekt unter der Leitung von Sébastien Valade von der Technischen Universität Berlin (TU Berlin) und dem Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ in Potsdam eine neue Vulkanüberwachungsplattform entstanden, die Satellitenbilder unter anderem mithilfe „Künstlicher Intelligenz“ analysiert. Durch Tests mit Daten jüngerer Ereignisse zeigten Valade und seine Kollegen, dass ihre Plattform MOUNTS (Monitoring Unrest from Space) mehrere Datensätze mit unterschiedlichen Arten von Daten für eine umfassende Überwachung von Vulkanen zusammenführen kann. Die Ergebnisse des Teams wurden im Fachjournal Remote Sensing veröffentlicht.
Von den 1500 aktiven Vulkanen weltweit brechen jedes Jahr bis zu 85 aus. Aufgrund der Kosten und Unwägbarkeiten bei der Wartung von Messinstrumenten in vulkanischen Umgebungen werden weniger als die Hälfte der aktiven Vulkane mit bodengestützten Sensoren überwacht und noch weniger gelten als gut überwacht. Vulkane, die als ruhend oder erloschen gelten, werden in der Regel gar nicht instrumentell beobachtet. Sie können aber unerwartet und massiv ausbrechen, wie dies 2008 beim Vulkan Chaitén in Chile der Fall war, der nach 8000 Jahren Inaktivität erwachte.
Eruptionen werden oft von Vorläufersignalen begleitet
Satelliten können entscheidende Daten liefern, wenn die bodengebundene Überwachung eingeschränkt ist oder ganz fehlt. Kontinuierliche Langzeitbeobachtungen vom Weltraum aus sind dabei der Schlüssel, um Anzeichen geologischer Unruhe besser zu erkennen. Eruptionen werden oft – wenn auch nicht immer – von Vorläufersignalen begleitet, die einige Stunden bis zu einigen Jahren dauern können. Diese Signale können Änderungen des seismischen Verhaltens, Bodenverformungen, Gasemissionen, ansteigende Temperaturen oder eine Kombination daraus umfassen.
„Mit Ausnahme der Seismizität können alle diese Phänomene vom Weltraum aus überwacht werden, indem man verschiedene Wellenlängen im elektromagnetischen Spektrum nutzt“, sagt Sébastien Valade, Leiter des MOUNTS-Projekts. Es wird von GEO.X, einem 2010 gegründeten Forschungsnetzwerk für Geowissenschaften in Berlin und Potsdam finanziert und an der TU Berlin und dem GFZ durchgeführt. „Beim MOUNTS-Überwachungssystem nutzen wir unterschiedliche Satellitensensoren, um Veränderungen bei Vulkanen zu erkennen und zu vermessen“, fügt Valade hinzu. „Und wir haben auch seismische Daten aus dem weltweiten GEOFON-Netzwerk der GFZ und Daten des United States Geological Survey USGS einbezogen.“
Teil des Projekts war es, zu testen, ob sich „Künstliche Intelligenz“ (KI) erfolgreich in das Datenanalyseverfahren integrieren lässt. Die KI-Algorithmen wurden hauptsächlich von Andreas Ley von der TU Berlin entwickelt. Zur automatischen Erkennung großer Deformationsereignisse verwendete er so genannte künstliche neuronale Netze. Die Forscher trainierten sie mit computergenerierten Bildern, die echten Satellitenbildern nachempfunden waren. Aus dieser großen Anzahl synthetischer Beispiele lernte die Software, größere Deformationsereignisse in echten, ihr bisher nicht bekannten Satellitendaten zu erkennen. Dieser Bereich der Datenwissenschaft wird als „maschinelles Lernen“ bezeichnet.
„Für uns war das ein wichtiger ‚Testballon’, um zu sehen, wie wir maschinelles Lernen in das System integrieren können“, sagt Ley. „Im Moment löst unser Deformationsdetektor nur eine einzige Aufgabe. Unsere Vision ist es, mehrere KI-Tools für unterschiedliche Aufgaben zu integrieren. Da diese Tools in der Regel vom Lernen auf großen Datenmengen profitieren, wollen wir sie kontinuierlich aus sämtlichen Daten lernen lassen, die das System auf globaler Ebene sammelt.“
MOUNTS überwacht weltweit 17 Vulkane
Die wichtigsten Herausforderungen, mit denen Sébastien Valade und seine Ko-Autoren zu kämpfen hatten, waren das Handling der großen Datenmengen und Fragen der Software-Entwicklung. „Aber diese Probleme sind lösbar“, sagt Valade. „Ich bin davon überzeugt, dass automatisierte Überwachungssysteme mithilfe von KI und Daten aus verschiedenen Quellen wie Fernerkundung und erdgebundenen Sensoren in nicht allzu ferner Zukunft dazu beitragen werden, Menschen zeitgerechter und verlässlicher zu warnen.“
Die Analyse, die die MOUNTS-Überwachungsplattform aktuell liefert, ermöglicht bereits ein umfassendes Verständnis verschiedener Prozesse in unterschiedlichen klimatischen und vulkanischen Umgebungen auf der ganzen Welt: Von der Ausbreitung des Magmas unter der Oberfläche über die Verteilung von vulkanischem Material während des Ausbruchs bis hin zu den morphologischen Veränderungen der betroffenen Gebiete und der Emission von Gasen in die Atmosphäre. Die Forschenden testeten MOUNTS erfolgreich an Daten aktueller Ereignisse wie dem Ausbruch des Krakatau in Indonesien 2018 oder Ausbrüchen auf Hawaii und in Guatemala.
Das System überwacht derzeit 17 Vulkane weltweit, darunter den Popocatépetl in Mexiko und den Ätna in Italien. Die Website der Plattform ist im Internet frei zugänglich und so konzipiert, dass dank der globalen Abdeckung und des freien Zugangs zu den Daten neue Daten einfach integriert werden können. (Remote Sensing; doi: 10.3390/rs11131528)
Quelle: Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ