Medizin

Kurzlebige Duftstoffe riecht man besser

Max-Planck-Institut für Chemie

Die menschliche Nase kann flüchtige organische Moleküle, die nur kurze Zeit in der Atmosphäre überleben, viel besser erkennen als solche, die länger in der Luft bleiben.

Der Geruchssinn ist einer unserer ältesten Sinne. Das Riechen war schon immer eine der wichtigsten Formen der Interaktion der Menschen mit der Umwelt und ein wesentliches Mittel, um Nahrung zu finden und Gefahren zu identifizieren. Die menschliche Nase nimmt jedoch nicht alle Duftstoffe in der Luft gleich gut wahr. Duftstoffe sind zumeist flüchtige organische Verbindungen wie Alkohole, Aldehyde, Ester und Ketone. Buttersäureethylester beispielsweise bildet den typischen Ananasgeruch und kommt in vielen Früchten wie Erdbeeren und Äpfeln vor. Wir können einige dieser organischen Moleküle in extrem niedrigen Konzentrationen spüren, während andere für uns kaum wahrnehmbar sind.

Zwei Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz haben jetzt eine mögliche Erklärung dafür. Ihren Erkenntnissen zufolge hat sich die Empfindlichkeit der Nase im Laufe der Zeit so entwickelt, dass Duftstoffe, die nur kurze Zeit in der Atmosphäre überleben, am besten wahrgenommen werden. Diese flüchtigen chemischen Verbindungen reagieren schnell mit anderen Elementen in der Atmosphäre. Dadurch werden sie abgebaut und verschwinden so wieder für unsere Nase. Laut den Forschern hilft uns dies, die genaue Position von Nahrung oder Feinden zu bestimmen.

Akima Ringsdorf und Jonathan Williams machten diese überraschende Entdeckung nachdem sie Daten der menschlichen Geruchsempfindlichkeit für organische Moleküle mit ihrer Lebensdauer in der Luft verglichen. Die umfangreiche, von japanischen Forschern erstellte Datenbank gibt an, ab welcher Konzentration man ein bestimmtes Molekül in der Luft riecht. Die Wissenschaftler entdeckten dabei eine klare Korrelation zwischen schnell reagierenden Duftstoffen mit kurzen Lebenszeiten und der Empfindlichkeit der Nase. Für einige Stoffgruppen wie Alkohole, Aldehyde, Ester und Ketone war diese Korrelation besonders auffällig.

Diese Stoffe stammen in der Natur vor allem von Nahrungsmitteln wie Obst, während Stickstoff- und Schwefelverbindungen mit Urin und Feuer verbunden sind. „Man kann also vermuten, dass sich die Beziehung zwischen der Geruchsempfindlichkeit und der Lebensdauer dieser Duftstoffe möglicherweise durch die Fähigkeit entwickelt hat, Lebensmittel zu finden oder Gefahren zu vermeiden“, sagt Atmosphärenforscher Williams.

„Ein guter Geruchssinn ist ein großer Vorteil bei der Suche nach Nahrung. Wenn man eine reife Frucht in einem dichten, dunklen Wald finden möchte, muss man in der Lage sein, die Geruchsquelle inmitten turbulenter Luftströme zu lokalisieren“ fährt Williams fort. Schnell reagierende Duftstoffe mit kurzer Lebensdauer sind intensiv und daher leichter zu verfolgen.

Die Ergebnisse der Studie, die in der Zeitschrift Philosophical Transactions der Royal Society veröffentlicht wurde, bedeuten auch, dass die Riechbarkeit eines bestimmten Moleküls durch die Messung seiner atmosphärischen Lebensdauer vorhergesagt werden kann und umgekehrt. „Die Korrelationen, die wir entdeckt haben, bestätigen die Hypothese, dass es einen Zusammenhang zwischen der Chemie der Atmosphäre und dem Geruchssinn gibt, an den noch niemand gedacht hat“, fährt Williams fort. (Philosophical Transactions B; doi: 10.1098/rstb.2019-0274)

Quelle: Max-Planck-Institut für Chemie

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