Negativer Druck ist ein seltenes und schwer nachzuweisendes Phänomen in der Physik. Mithilfe von flüssigkeitsgefüllten optischen Fasern und Schallwellen haben Forscher*innen des Max-Planck-Instituts für die Physik des Lichts (MPL) in Erlangen jetzt eine neue Methode entdeckt, um negativen Druck zu messen. In Zusammenarbeit mit dem Leibnitz-Institut für Photonische Technologien in Jena (IPHT) können die Wissenschaftler der Forschungsgruppe Quantenoptoakustik unter Leitung von Birgit Stiller damit wichtige Erkenntnisse über thermo-dynamische Zustände gewinnen.
Druck als physikalischer Größe begegnen wir in den unterschiedlichsten Bereichen: als atmosphärischer Druck in der Meteorologie, als Blutdruck in der Medizin oder auch im eigenen Haushalt mit Schnellkochtöpfen und vakuum-verpackten Lebensmitteln. Definiert wird Druck als eine flächenwirksame Kraft eines Festkörpers, einer Flüssigkeit oder eines Gases, die senkrecht zu einem Körper wirkt. Je nach dem in welche Richtung die Kraft beispielsweise in einem geschlossenen System wirkt, kann ein sehr hoher Druck im Extremfall zu einer explosiven Reaktion führen, während ein sehr niedriger Druck in einem geschlossenen System die Implosion des Systems selbst verursachen kann. Ein Überdruck bedeutet immer, dass das Gas oder die Flüssigkeit von innen gegen die Wände seines Behälters drückt, wie ein Luftballon, der größer wird, wenn man mehr Luft hinzufügt. Dabei gilt: Egal ob Hoch- oder Niederdruck, im Normalfall ist der numerische Wert des Drucks immer positiv.
Flüssigkeiten weisen jedoch eine Besonderheit auf. Sie können in einem ganz bestimmten metastabilen Zustand existieren, der einem negativen Druckwert entspricht. In diesem metastabilen Zustand genügt ein winziger Einfluss von außen und das System kollabiert entweder in den einen oder anderen Zustand. Man kann sich das so vorstellen, als säße man oben auf einer Achterbahn: Die kleinste Berührung auf der einen oder anderen Seite führt dazu, dass man die Schienen hinunter auf den Boden saust. In der aktuellen Forschungsarbeit untersuchen die Wissenschaftler den metastabilen Zustand der Flüssigkeit mit einem negativen Druck.
Das Forscherteam hat dafür in einer Studie, die in Nature Physics publiziert wurde, zwei einzigartige Techniken kombiniert, um verschiedene thermodynamische Zustände zu messen. Zunächst wurden winzige Mengen – Nanoliter – einer Flüssigkeit in einer vollständig geschlossenen optischen Faser eingekapselt, wodurch hohe positive und negative Drücke erreicht werden konnten. Daraufhin konnte durch die spezielle Wechselwirkung von optischen und akustischen Wellen in der Flüssigkeit der Einfluss von Druck und Temperatur in verschiedenen Zuständen der Flüssigkeit sehr empfindlich gemessen werden. Hier wirken Schallwellen als Sensor, um die negativen Druckwerte zu untersuchen und diesen besonderen Zustand der Materie mit hoher Präzision und detaillierter räumlicher Auflösung aufzudecken.