Technik

Mehr Sicherheit im Flugverkehr: Turbulenzen rechtzeitig erkennen

DLR

Kelvin-Helmholtz-Cirren durch Verwirbelungen in der Luft © DLR

Viele Fluggäste kennen das Phänomen: der Himmel ist strahlend blau, das Flugzeug befindet sich im ruhigen Reiseflug, der jedoch unvermittelt durch eine vorübergehende Turbulenz gestört wird. Diese wird von den Passagieren häufig als eine Art „Luftloch“ wahrgenommen. Der tatsächliche Grund für die unangenehme Änderung der Flughöhe ist eine sogenannte „clear air turbulence“ – eine Turbulenz, die unabhängig von Bewölkung auftritt, nicht sichtbar und nicht genau vorhersagbar ist. Für Passagiere und Besatzung in der Kabine bedeutet dies bei starken Turbulenzen eine erhöhte Sturz- und Unfallgefahr. In der Atmosphärenforschung gibt es zudem neueste Hinweise darauf, dass diese Turbulenzen aufgrund des Klimawandels künftig verstärkt im Luftverkehr auftreten und diesen damit noch weiter belasten werden. Eine Methode zur Erkennung der Turbulenzen wurde nun erstmals im Rahmen des europäischen Verbundprojekts DELICAT (Demonstration of LIDAR based Clear Air Turbulence detection) entwickelt.

Entstehung der Turbulenz

Entlang des Jetstreams entstehen häufig Windscherungen – ausgedehnte Luftschichten, die sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten horizontal gegeneinander bewegen. Besonders starke Windscherungen können Wellen ausbilden, die schließlich auch brechen können – ganz wie eine Welle auf dem Wasser. Der Bruch einer Welle verursacht Verwirbelungen in der Luft beziehungsweise eine Turbulenz – die „clear air turbulence“ (CAT).

Sobald ein Flugzeug auf diese Turbulenz trifft, verändert sich an den Tragflächen der Anstellwinkel der Luftströmung. Die Folge sind die bekannten Schwankungen im Auftrieb des Flugzeugs. CATs sind bislang ein unvermeidbares Phänomen für den Flugverkehr, da diese verwirbelten Luftmassen im klaren Himmel weder für das Auge sichtbar, noch mit Sensoren messbar sind.

Eine Lösung ist aber in Sicht: Die Luftturbulenzen können künftig berechnet werden, die notwendigen Daten soll ein Messverfahren per Laser liefern. Idee ist es, geringste Änderungen in der Dichte und der Geschwindigkeit der Luft auf der Strecke voraus zu identifizieren und dadurch CATs aus der Entfernung zu erkennen und vorherzusagen.

Messung per Laser

Forscher am DLR-Institut für Physik der Atmosphäre haben dafür ein laserbasiertes Messgerät entwickelt: Ein LIDAR-Instrument (Light Detecting and Ranging) wird am Flugzeug angebracht und sendet in Flugrichtung kurzwellige UV-Laserstrahlen. Aus dem gemessenen Rückstreu-Wert der Luftmoleküle, Sauerstoff und Stickstoff, wird die Dichte der Luft bestimmt. Schwankungen in der Dichte geben dann Aufschluss über dort herrschende Turbulenzen. Die indirekt gewonnenen Informationen ermöglichen eine spezifische Analyse der Luft des zu durchfliegenden Bereichs: So werden „clear air turbulences“ für die kommende Strecke im Voraus sichtbar.

Messinstrumente eigens entwickelt

Die aktuell stattfindenden Testflüge des Projekts „DELICAT“ dienen zur Demonstration des Messverfahrens und der Funktionsfähigkeit der neuen Technologie. Dafür ist das Forschungsflugzeug PH-LAB des niederländischen Partners National Aerospace Laboratory (NLR) im Einsatz, eine modifizierte Cessna Citation. Für die Lasermessungen ist das UV-LIDAR System eingebaut, das vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre speziell entwickelt wurde.

Die aktuelle Messflugkampagne findet bis Ende August statt. Die Flugroute führt von Amsterdam aus über ganz Europa. Nach erfolgreichem Abschluss des Messflugkampagne folgt die Auswertung der Daten. Dank der umfassenden Messergebnisse zu den „clear air turbulences“ werden die Forscher nicht nur in der Lage sein, ihre neue Technologie zu demonstrieren. Zusätzlich wird ihnen der einmalige Datensatz wichtige Erkenntnisse zu den Entstehungsmechanismen und komplexen atmosphärischen Prozessen liefern. Langfristiges Ziel ist es, ein integriertes Erkennungssystem zur Vermeidung von Luftturbulenzen zu entwickeln. Zukünftig könnten Piloten dann in der Flugzeugkabine den Hinweis ausgeben zum Sitzplatz zurückzukehren und den Sicherheitsgurt anzulegen, oder gar entsprechende Regionen umfliegen.

(DLR, 06.08.2013 – KSA)

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