Auf der Schiene lassen sich Waren in großen Mengen besonders umweltschonend befördern. Sicherheit steht dabei im Vordergrund. Insbesondere, wenn es um den Transport von Gefahrengütern geht, sind regelmäßige Kontrollen des Wagenzustands unabdingbar. Wie sich dazu energieautarke Sensorsysteme nutzen lassen und damit auch der Mensch geschont werden kann, zeigt das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF auf der InnoTrans 2014 in Halle 23, Stand 206.
Manchmal muss erst etwas passieren, um beispielsweise Radschäden zu entdecken. Häufig treten diese nach einer Entgleisung ans Tageslicht, bei der möglicherweise Personen- oder Streckenschäden zu verzeichnen sind. Besonders kritisch sind solche Unfälle bei Gefahrenguttransporten, wenn es zu gravierenden Umweltschäden kommt. Daher ist es notwendig, das Risiko mit einer effizienten Zustandsüberwachung zu minimieren.
Vibrationen, Temperatur, Schmutz und Feuchte
In Europa ist die Instandhaltung von Güterwagen gesetzlich vorgeschrieben, und die Betriebssicherheit ist durch regelmäßige Wartungen zu gewährleisten. Die Instandhaltung reduziert Ausfallzeiten und erhöht die Wirtschaftlichkeit des Betriebs. Mit Informationen über die an einem Wagen tatsächlich auftretenden Belastungen, die Nutzung und andere Betriebsdaten lässt sich die Instandhaltung optimieren und eine zustandsbasierte Wartung einführen.
Die permanente Ermittlung solcher Daten direkt am Waggon ist im Allgemeinen nicht möglich. Güterzüge verfügen in der Regel weder über eine fahrzeugeigene Sensorik noch über eine eigene Stromversorgung, denn Eisenbahntechnik muss aufgrund der hohen Anforderungen bezüglich Vibrationen, Temperatur, Schmutz und Feuchte einfach und robust sein.
Eine Antwort können Datenerfassungssysteme sein, die drahtlos und energieautark ar-beiten. Sie ließen sich sogar nachträglich mit moderatem Aufwand nachrüsten. Im Rahmen einer Machbarkeitsuntersuchung konnten Wissenschaftler des Fraunhofer LBF zeigen, dass die am Güterwagen vorhandene Vibrationsenergie mit Hilfe eines piezoelektrischen Generators in elektrische Energie gewandelt und zur Versorgung eines drahtlosen Sensors genutzt werden kann.
Energy Harvesting: Herausforderung für Ingenieure
Solche energieautarken Sensoren können Güterwagen während des Betriebs überwachen und ermöglichen eine frühe Schadenserkennung und eine zustandsbezogene Instandhaltung. Die Energiegewinnung aus Vibrationen zur Versorgung der Sensoren wird als Energy Harvesting bezeichnet. Die Messdatenermittlung und drahtlose Übertragung wird durch energieeffiziente Mikrocontroller-Plattformen realisiert. Wegen der zufällig auftretenden Vibrationen und der Umweltbedingungen im Bahnbetrieb stellt sich die ganzheitliche Auslegung solcher Systeme als ingenieurtechnische Herausforderung dar.
Der vom Fraunhofer LBF entwickelte und auf der InnoTrans gezeigte Sensor ist ein Funktionsmuster. Eine einsatzfertige Lösung muss hinsichtlich der hohen Anforderungen an die Zuverlässigkeit unter den rauen Betriebsbedingungen noch weiterentwickelt werden. Diese Arbeiten führt das Fraunhofer LBF im Rahmen der BMBF-Fördermaßnahme, Förderschwerpunkt „Energieautarke Mobilität – Zuverlässige energieautarke Systeme für den mobilen Menschen“ (ESZüG), weiter.
Mit dem Projekt ESZüG soll erstmals eine automatisierte und energieautarke Instandhaltungsplanung für Güterwagen realisiert werden, um damit Bremsen, Radlager und die Laufleistung der Wagen überwachen zu können. Ein Assistenzsystem soll die Wartung im Schienengüterverkehr sicherer und effizienter machen sowie Mitarbeiter von manuellen, körperlich beanspruchenden Wartungsarbeiten entlasten. Gerade ältere Mitarbeiter profitieren davon und sind so länger arbeitsfähig. Die Informationen zum Wagenzustand werden den Mitarbeitern über eine zu entwickelnde Mensch-Maschine-Schnittstelle vermittelt.
(Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF, 18.08.2014 – AKR)