Technik

Neue Erkenntnisse über die Umweltbilanz von Mehrweg-Verpackungen

Verpackungskonzepte

Symbolbild Verpackungskonzepte
Nachhaltige Verpackungsmaterialien sind ein großes Thema. Häufig stellt sich dabei die Frage, ob Mehrweg- oder recycelbare Einweg-Verpackungen die bessere Lösung darstellen. © stock.adobe.com, Nikita, #568948016

Der nachhaltige Umgang mit Energie und Ressourcen ist mittlerweile in jeder Branche tonangebend – so auch in der Verpackungsindustrie. Einweg-Produktverpackungen für To-go-Speisen gelten allgemein als besonders verschwenderisch. Seit 2023 greift deshalb die Mehrweg-Pflicht: Restaurants und Lieferdienste müssen ihren Kunden wiederverwendbare Behältnisse anbieten, um das Müllaufkommen im Bereich der sog. Take-Away-Gastronomie zu reduzieren. Diverse Studien haben den ökologischen Fußabdruck von Mehrweg-Produkten mit recycelbaren Verpackungen verglichen – mit überraschenden Ergebnissen. Trotz ihres guten Rufs offenbaren Mehrweg-Systeme bei genauen Analysen nämlich einige Nachteile gegenüber recyclebaren Einweg-Alternativen.

Mehrweg-Systeme haben einen größeren ökologischen Fußabdruck als erwartet

In der Wirtschaft und Politik hat sich seit längerem die Überzeugung durchgesetzt, dass die Zukunft der Verpackungsproduktion und -nutzung zirkulär sein muss. Tatsächlich wird  erwartet, dass die Nutzung wiederverwendbarer Verpackungseinheiten Wasser, Energie und Rohstoffe einspart. Nicht zuletzt sollten diese Maßnahmen damit auch zur Reduktion der Treibhausgasemissionen beitragen. Welches System im Bereich des „Circular Packaging“ die Nase vorn hat, ist jedoch immer wieder Gegenstand verschiedener Studien. Mehrweg gilt vielerorts zwar als beste Option, doch bei genauerem Hinsehen offenbaren sich einige Nachteile. Ein großes Problem ist, dass ein effizientes Mehrweg-System eine entsprechende Infrastruktur benötigt, um die Verpackungen zu sammeln und für die Aufbereitung vorzubereiten. Bei diesem Kreislauf entstehen zusätzliche Emissionen und Rückführkosten, für die nicht selten der Anbieter eines Produkts aufkommen muss. Wie eine unabhängige Studie zeigt, die im Auftrag des Consulting-Unternehmens Ramboll durchgeführt wurde, erfüllen viele Mehrweg-System auch in Punkt Ressourcenverbrauch nicht die Erwartungen.

Gegenstand der Untersuchung waren die potenziellen Auswirkungen einer durchgängigen Mehrweg-Nutzung im Schnellrestaurant-Sektor. Hierfür wurden Einweg- und Mehrweg-Lebensmittelverpackungen miteinander verglichen. Ausgangspunkt waren die teilweise bereits genutzten Tableware-Systeme im Foodservice. Überraschenderweise schnitten die wiederverwendbaren Produkte bedeutend schlechter ab, als erwartet. Das Mehrweg-Geschirr verursacht demnach rund 2,8 Mal mehr Emissionen (gemessen in CO2-Äquivalenten) als ein Einweg-System mit Papier als Hauptrohstoff. Hinzu kam ein deutlich höherer Verbrauch an Trinkwasser, welches für die Säuberung und Aufbereitung benötigt wird. Die gesamte Fast-Food-Branche in Europa auf das Mehrweg-System umzurüsten, wäre demnach ähnlich schlecht für das Klima, wie eine Million zusätzliche Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren.

Lebenszyklusanalyse zeigt Vorteile des Recycling-Systems

Für die durchgeführte Lebenszyklusanalyse (PDF-Doc) stellten die Autoren der Studie Mehrweg-Verpackungen und recycelbare Produkte aus Papier gegenüber. Neben den unerwarteten klimatischen Auswirkungen der Mehrweg-Alternativen zeigten sich auch in Bezug auf die genutzten Ressourcen, dass recycelbare Papierverpackungen deutlich sparsamer sind. Dies widerspricht der häufigen Annahme, die Aufbereitung von Papier würde deutlich mehr Wasser verbrauchen als die Reinigung von wiederverwendbaren Varianten. Doch allein mit dem Trinkwasser, welches für die Säuberung innerhalb des untersuchten Mehrweg-Systems benötigt wird, könnte man alternativ eine Stadt mit rund 75.000 Einwohnern versorgen. Bei der Suche nach dem Modell mit dem geringsten ökologischen Fußabdruck, raten Forscher deshalb dazu, bestehende Annahmen auf Grundlage der empirischen Ergebnisse zu überdenken.

Symbolbild Mehrweg-Geschirr
Mehrweg-Geschirr besteht zu oft aus nicht recycelbaren Materialien. Dadurch sind die Verpackungen längst nicht so nachhaltig wie gedacht. © stock.adobe.com, Mapo, #547378355

Die Gründe für das schlechte Abschneiden der wiederverwendbaren Schnellrestaurantverpackungen liegen weniger im Konzept als viel mehr in den Produktmerkmalen aktuell genutzter Mehrweg-Verpackungen. Bei der Herstellung kommt oft ein Mix aus langlebigen Materialien zum Einsatz, der vergleichsweise widerstandsfähig und robust ist. Dadurch lassen sich die meisten dieser Behältnisse gar nicht oder nur zu einem sehr geringen Teil recyceln. Schon durch die Erhöhung des Recycling-Anteils von 30 auf 70 Prozent, ließ sich die Effizienz um das 228-fache steigern. Deswegen schneidet vollständig oder nahezu vollständig recycelbares Pappgeschirr deutlich besser ab. Eine weitere Studie der Unternehmensberatung Kearney (PDF-Doc) hat untersucht, wie sich die europäischen Ziele hinsichtlich zirkulärer Verpackungen in der Gastronomie am schnellsten und zuverlässigsten erreichen lassen.

Auch hier kam die Studie zu ähnlichen Ergebnissen. Aufgrund der bereits genannten Faktoren würde ein reines Mehrweg-System letztendlich sogar zu einem höheren Abfallaufkommen umweltschädlicher Kunststoffverpackungen führen. Wegen der unterschiedlichen Anforderungen einzelner Sektoren empfehlen die Autoren einen Mix aus verschiedenen Modellen.

Huhtamakis blueloop™-Technologie könnte zum Game-Changer werden

Ein wichtiger Faktor bei der Suche nach geeigneten nachhaltigen Verpackungskonzepten ist die Skalierbarkeit. Lösungen, die für kleine Betriebe funktionieren, sind für große Franchise-Ketten oft nicht umsetzbar und umgekehrt. Deshalb empfehlen Experten ein Nebeneinander verschiedener zirkulärer Modelle. Dabei werden recycelbare flexible Einweg-Verpackungen in Zukunft eine wesentliche Rolle spielen. Als einer der weltweit führenden Anbieter von Lebensmittel- und Getränkeverpackungen forscht auch das finnische Unternehmen Huhtamaki fortlaufend an noch nachhaltigeren Alternativen. Mit der kürzlich entwickelten blueloop™-Technologie möchte Huhtamaki den Markt für flexible Verpackungen revolutionieren und neue Standards setzen. Das Ziel des Entwickler-Teams rund um Dr. Marco Hilty war es, ein Produkt zu entwickeln, bei dem weder bei der Wiederverwertbarkeit noch bei der Bezahlbarkeit Kompromisse eingegangen werden müssen.

blueloop™ erlaubt so die Herstellung von flexiblen Lebensmittelverpackungen aus recyclebaren Materialien, ganz ohne zusätzliche Schichten aus Aluminium oder anderer schwierig wiederverwertbaren Stoffen. Die neuen Produkte setzen entsprechend den branchenspezifischen und unternehmerischen Anforderungen entweder auf Papier, Polyethylen (PE) oder Polypropylen (PP). Durch die Vereinfachung des komplexen Schichtaufbaus, wie er bei herkömmlichen Verpackungen zum Tragen kommt, lassen sich bis zu 95 Prozent des Produkts aus einem einzelnen Material fertigen, was den Recycling-Prozess enorm erleichtert.

Circular-Packaging und Digitalisierung gehen Hand in Hand

Bereits 2020 hat sich Huhtamaki das Ziel gesetzt, langfristig Produkte so weit verbessern zu wollen, bis eine Recyclingquote von annähernd 100 Prozent erreicht ist. Die neuen blueloop™-Verpackungen dürften demnach ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu diesem hoch gesteckten Ziel sein. Ein Hauptgrund dafür, warum die Verpackungsmittelindustrie derzeit große Fortschritte bei der Entwicklung nachhaltigerer Systeme macht, ist der effiziente Einsatz smarter digitaler Tools. Dank moderner Software zur Simulation von Produkteigenschaften kann die Verpackung bereits vor Anfertigung eines ersten physischen Prototyps im Hinblick auf viele Merkmale optimiert werden. So lassen sich Lebensmittelverpackungen sehr leicht an die Anforderungen einer Kreislaufwirtschaft anpassen. Hersteller können auf diesem Weg den Anteil von Zusatzstoffen reduzieren, bis eine Monomaterialverpackung entsteht, die jedoch über dieselben Eigenschaften verfügt, wie ein Produkt aus dem umweltschädlicheren Materialmix.

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