Wenn in den nächsten Wochen der Satellit Proba-V zur Erdbeobachtung in den Weltraum startet, ist erstmals ein europäisches Bauteil auf Basis des Halbleiters Galliumnitrid mit an Bord. Robuster, kompakter und leichter als die bislang eingesetzten Lösungen verspricht die neue Technologie die Kommunikationselektronik in der Raumfahrt deutlich zu verbessern. In einer intensiven Testserie hat sich der vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF in Freiburg entwickelte Verstärker für den Flug ins Weltall qualifiziert.
Etwa 140 kg schwer und kaum größer als eine Waschmaschine ist der Satellit, den die Europäische Weltraumorganisation ESA innerhalb der nächsten Wochen zur Erdbeobachtung in den Weltraum schicken wird. Von dort aus soll der mit Solarzellen verkleidete Mini-Satellit Proba-V die Vegetation der Erde beobachten. Alle zwei Tage wird der Umweltsatellit aus rund 820 km Entfernung aktuelle Bilder senden. Die Abholzung der Regenwälder, die Verschmutzung der Meere oder Bodenerosionen werden mit Aufnahmen in unterschiedlichen Wellenlängenbereichen sichtbar gemacht.
Erstmals wird ein europäisches Bauteil auf Basis des Halbleiters Galliumnitrid (GaN) auf die Reise ins Weltall geschickt. »Galliumnitrid hat das Potenzial die Kommunikation im Weltraum zu revolutionieren. Eine fünf- bis zehnfache Verbesserung bei den Signalstärken und der Datenübertragung wird erwartet«, meint Andrew Barnes, der das Projekt bei der ESA betreut. »Wir sind sehr gespannt auf die Ergebnisse des ersten Praxistests im Weltraum«. Für das Kommunikationssystem von Proba-V hat das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF in Freiburg eine Verstärkerschaltung für den Frequenzbereich von 8 bis 8.5 GHz (X-Band) entwickelt. Tesat-Spacecom in Backnang hat gemeinsam mit SCHOTT Electronic Packaging ein für die Raumfahrt geeignetes, hermetisch dichtes Gehäuse gefertigt, in das der Galliumnitrid-Verstärker zusammen mit weiteren Komponenten eingebaut wurde.
Galliumnitrid im Belastungstest
Galliumnitrid-Bauteile können bei deutlich höheren Spannungen und Temperaturen als die bislang eingesetzten Silizium- oder Gallium-Arsenid-Komponenten betrieben werden. Die Schaltungen sind kompakter, kleiner und leichter als die bisherigen Lösungen. Zukünftig könnten sie sogar die zur Verstärkung überwiegend eingesetzten Elektronenröhren ersetzen. So könnten Gewicht und Transportkosten, die bis zu 30.000 Euro pro Kilogramm Nutzlast in der Raumfahrt betragen, deutlich reduziert werden.