Vakuum ist kein leerer Raum. Dort herrscht ständig Quantenfluktuation – außer man verwendet einen Quantentrick, um sie zu unterdrücken. Und genau das ist einem Forscherteam am California Institute of Technology (Caltech) unter Beteiligung von Markus Aspelmeyer, Quantenphysiker an der Universität Wien, gelungen. Die Gruppe entwickelte ein Mikro-Silizium-System, das einen Lichttyp produzieren kann, der bei gewissen Frequenzen rauschärmer ist. Dieses Licht hat geringere Quantenfluktuationen als üblicherweise im Vakuum vorkommen. Die Ergebnisse erscheinen diese Woche im renommierten Fachjournal „Nature“.
„Vakuum ist alles andere als leer – es ist voll mit kaum wahrnehmbarem, elektromagnetischem Rauschen, was eine Konsequenz der Heisenbergschen Unschärferelation ist“, erklärt Simon Gröblacher, Postdoc am Caltech, einer der Hauptautoren der Studie und Schüler von Markus Aspelmeyer, Professor für Quantenphysik der Universität Wien und Kooperationspartner von Wiener Seite an diesem Forschungsprojekt.
Gequetsches Licht für eine Fülle an Sensor-Applikationen
Einen speziellen Lichttyp mit weniger Fluktuation kennt man als „gequetschtes Licht“. Er wird benötigt, um präzisere Messungen auf einem Niveau mit niedrigerer optischer Leistung durchzuführen als es für normales Licht erlaubt ist. Gequetschtes Licht wurde bereits produziert, bisher jedoch nicht stark verkleinert auf einem Silizium-Mikrochip. Das neue System produziert rauschunterdrücktes Licht so, dass es für eine Fülle von Sensor-Applikationen anwendbar wird.
„Dieses System ermöglicht eine neue Reihe von Präzisionsmessungen und ist imstande, Standardlimits der Quantenmechanik zu übertreffen“, sagt Oskar Painter, Professor für angewandte Physik am Caltech und Senior-Autor der Studie. „Das Experiment führt viele Aspekte unserer Arbeit in einem winzigen Mikrochip-Paket zusammen, an denen in der Quantenoptik und Präzisionsmessung über die letzten 40 Jahre geforscht wurde.“
Erstmals wurde gequetschtes Licht mit einem System aus einfachem Silizium erzeugt. „Wir arbeiteten mit einem Material, das bezogen auf seine optischen Eigenschaften langweilig ist. Indem wir aber Löcher hineinstanzten, schufen wir optomechanische Strukturen, die auf Licht völlig neuartig reagierten“, so Oskar Painter, Professor am Caltech und Senior-Autor der Studie.
In diesem neuen System bringt ein Wellenleiter aus Silizium Laserlicht in einen optischen Resonator, der aus zwei winzigen Siliziumspiegeln besteht. Einmal dort angelangt, zirkuliert das Licht viele Male hin und zurück – dank der Löcher, die den Wellenleiter, im Prinzip nichts anderes als zwei einfache Balken aus Silizium, in hochreflektierende Spiegel verwandeln. Wenn Photonen, also Lichtteilchen, auf die Spiegel treffen, bringen sie diese Balken nun zum Schwingen. Und der Teilchencharakter des Lichts bringt Quantenfluktuation ein, die wiederum diese Vibration beeinflussen.
Quantenfluktuation interferiert mit Lichtschwankungen
Typischerweise bedeuten solche Fluktuationen, dass man, um ein Signal präzise auszulesen, die Leistung des Lichts erhöhen müsste, um das Rauschen zu überwinden. Aber erhöht man die Leistung des Lichts, entstehen wiederum neue Probleme, zum Beispiel, dass man einen Wärmeüberschuss in das System bringt. Idealerweise sollen also Messungen mit so niedriger Leistung wie nur möglich gemacht werden. Und genau das macht das neu entwickelte System: Das Licht und die Siliziumbalken interagieren miteinander so stark, dass die Balken die Quantenfluktuationen wieder zurück auf das Licht übertragen – so wie bei rauschunterdrückenden Kopfhörern.
Die Fluktuationen, welche die Balken bewegen, interferieren mit den Schwankungen des Lichts. Sie heben einander also auf und reduzieren so das Rauschen im Licht. „Licht ist weder ein Teilchen noch eine Welle: Der Teilchencharakter des Lichts ist erforderlich, um die Quantenfluktuationen zu erklären, und der Wellencharakter, um die Interferenz zu verstehen. Man benötigt beide Theorien, um das Experiment zu verstehen“, so Amir Safavi-Naeini, Doktorand in der Gruppe von Painter und Mitautor.
Für Markus Aspelmeyer ist dieses Forschungsergebnis ein weiteres Beispiel für die unerwartet rasche Umsetzung von Quantentechnologien: „Ausgangspunkt unserer Zusammenarbeit mit der Gruppe von Oskar Painter am Caltech waren fundamentale Fragestellungen der Quantenphysik. Dass wir auf diesem Weg einen nichtlinearen Kristall durch einen Silizium-Mikrochip ersetzt haben, könnte für die optischen Kommunikationstechnologien, die verstärkt auf integrierte Siliziumschaltkreise setzen, wegweisend sein.“
(Universität Wien, 09.08.2013 – NPO)