Welche Spurengase wie Stickstoffoxid, Ozon, Formaldehyd, Schwefeldioxid, Methan und Kohlenmonoxid sind in unserer Atmosphäre? Wie hoch sind die globalen und regionalen Feinstaubkonzentrationen? Welche Prozesse stecken hinter Veränderungen der Atmosphäre und wie wirkt sich das auf unser Klima, unsere Luftqualität und damit auch unsere Gesundheit aus?
Antworten auf diese Fragen soll der jüngste Satellit des Europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus geben: Sentinel-5P ist am 13. Oktober 2017 um 11.27 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit an Bord einer Rockot-Trägerrakete vom nordrussischen Weltraumbahnhof in Plesetsk ins All gestartet. Um 12.46 Uhr MESZ erfolgte die planmäßige Abtrennung des Satelliten, die Solarpaneele entfalteten sich und das erste Signal wurde empfangen.
Neuer Satellit schließt Messlücke
Sentinel-5P – das P steht dabei für „Precursor“, also Vorläufer – ist Teil der Sentinel-Satellitenflotte, die seit 2014 aufgebaut wird. Bis 2030 soll das in Qualität und Quantität weltweit einzigartige Umweltüberwachungsprogramm 20 Erdbeobachtungssatelliten umfassen.
„Sentinel-5P schließt weitestgehend die Lücke der Messung von Spurengasen zwischen dem europäischen Umweltsatelliten ENVISAT und Sentinel-5, das als Sensor auf den MetOp Wettersatelliten der zweiten Generation ab 2021 zur Verfügung stehen wird. Mit Sentinel-5P wird zudem der erste Atmosphärensensor des Copernicus-Programms in Betrieb genommen“, erläutert Albrecht von Bargen vom Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bonn.
Deutschland beteiligt sich mit 256 Millionen Euro – das sind gut 22 Prozent – am Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Raumfahrtagentur ESA und ist gemeinsam mit dem Vereinigten Königreich Programmführer. Copernicus ist ein Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union, bei dem die ESA und ihre Mitgliedsstaaten die so genannte Weltraumkomponente – also die Sentinel-Satelliten und die wissenschaftlichen Messinstrumente an Bord der Satelliten – zur Verfügung stellen. In Deutschland ist das DLR Raumfahrtmanagement im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie für die Koordination der deutschen ESA-Beiträge zuständig und im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur auch für die Umsetzung der nationalen Copernicus-Dienste.
Überwachung der Spurengase
Der rund 820 Kilogramm schwere Sentinel-5P beobachtet aus 824 Kilometern Höhe die Spurengase der Erdatmosphäre. Mit seinem Messinstrument TROPOMI (Tropospheric Monitoring Instrument) ist der Satellit in der Lage, Tag für Tag wichtige Information über die Luftverschmutzung, den Zustand der Atmosphäre sowie die Änderung des Klimas zu liefern. Mit einem Sichtfeld von 2600 Kilometern, knapp 1000 hochauflösenden Spektralkanälen und einer hohen räumlichen Auflösung wird Sentinel-5P jeden Tag unseren gesamten Planeten kartieren und setzt auch technisch neue Standards: TROPOMI misst im ultravioletten, sichtbaren, nahen und kurzwelligen infraroten Wellenlängenbereich und kann einen weiten Bereich an Luftschadstoffen wie Stickoxide, Ozon, Formaldehyd, Schwefeloxide, Methan und Kohlenmonoxid beobachten.
Die Produkte zu diesen Spurengasen werden im Copernicus Atmosphärendienst eingesetzt, um Daten auch zu regionaler Luftverschmutzung zur Verfügung zu stellen. DLR-Wissenschaftsmanager Albrecht von Bargen: „Immer mehr öffentliche Einrichtungen greifen auf diese Produkte zurück, um die Bürger bei Schadstoffbelastungen in dicht besiedelten Gebieten zu warnen. Dazu gehören auch Maßnahmen, um die negativen Auswirkungen auf die Menschen zu verringern. Ein praktisches Beispiel für den nachhaltigen Beitrag der Raumfahrt für eine gesündere Umwelt.“
Warnung vor Vulkanasche und UV-Spitzen
Die Mission soll aber auch andere Daten bereitstellen wie zum Beispiel für die Überwachung von Vulkanasche für die Flugsicherheit oder für Warnungen vor zu hoher UV-Strahlung. Bedeutend ist die Fortsetzung der Zeitreihen der Messinstrumente GOME, SCIAMACHY, GOME-2 und MIPAS durch Sentinel-5P: Langjährige Klimadatensätze werden damit fortgeschrieben und finden Eingang in den Copernicus Klimadienst.
Das gesamte Nutzlastbodensegment einschließlich des Datenempfangs, der Prozessierung, Archivierung und Datenverteilung wurde vom Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum des DLR in Oberpfaffenhofen entwickelt und integriert. Eingebunden in das Bodensegment der ESA wird auch der operationelle Betrieb des Nutzlastbodensegments vom Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum verantwortet. Die Datenprozessoren, die die Messdaten in geophysikalische Datenprodukte verwandeln, wurden von DLR Institut für Methodik der Fernerkundung , der Universität Bremen, und dem Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz in einem europäischen Konsortium entwickelt.
(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 16.10.2017 – NPO)