An der TU Wien suchte man nach einem Katalysator, der Kohlendioxid in andere Substanzen umwandeln kann. Fündig wurde man nun in der Materialklasse der Perowskite.
Wenn der CO2-Anteil der Atmosphäre nicht weiter steigen soll, dann muss das Kohlendioxid dort, wo es entsteht, in etwas anderes umgewandelt werden. Weil es sich bei CO2 allerdings um ein sehr stabiles Molekül handelt, kann das nur mit Hilfe spezieller Katalysatoren gelingen. Das Hauptproblem mit solchen Katalysatoren war bisher ihre mangelnde Stabilität: Nach gewisser Zeit verlieren viele Materialien ihre katalytischen Eigenschaften.
An der TU Wien forscht man an einer speziellen Klasse von Mineralien – den Perowskiten, die bisher weniger als Katalysatoren, sondern eher für Solarzellen, als Anodenmaterial oder elektronische Bauteile eingesetzt wurden. Nun gelang es, einen speziellen Perowskit herzustellen, der sich ausgezeichnet als Katalysator eignet, um CO2 in andere, nützliche Substanzen umzuwandeln, etwa in synthetische Treibstoffe. Der neue Perowskit-Katalysator ist sehr stabil und auch relativ billig, sodass er sich industriell einsetzen lassen würde.
Wie man Kohlenstoffkreisläufe schließt
„Wir interessieren uns für die sogenannte reverse Wassergas-Shift-Reaktion“, erklärt Prof. Christoph Rameshan vom Institut für Materialchemie der TU Wien. „Dabei wird Kohlendioxid und Wasserstoff in Wasser und Kohlenmonoxid umgewandelt. Das Kohlenmonoxid kann man dann anschließend weiterverarbeiten, zum Beispiel zu Methanol, zu chemischen Grundstoffen oder auch zu Treibstoff.“
Diese Reaktion ist nicht neu, aber auf industriellem Maßstab zur CO2-Nutzbarmachung noch nicht wirklich umgesetzt. Sie läuft bei hohen Temperaturen ab, das trägt dazu bei, dass die nötigen Katalysatoren rasch kaputtgehen. Das ist ganz besonders dann ein Problem, wenn es sich um teure Materialien handelt, etwa um solche, die seltene Metalle enthalten.
Christoph Rameshan untersuchte mit seinem Team, wie man ein Material aus der Klasse der Perowskite speziell für diese Reaktion maßschneidern kann, und er hatte Erfolg: „Wir haben einiges ausprobiert und sind schließlich auf einen Perowskit aus Kobalt, Eisen, Calcium und Neodym gestoßen, der hervorragende Eigenschaften hat“, sagt Rameshan.
Atome auf der Wanderung durch den Kristall
Aufgrund der Kristallstruktur des Perowskits können bestimmte Atome durch ihn hindurchwandern. So dringen etwa während der Katalyse Kobalt Atome aus dem Inneren des Materials an die Oberfläche und bilden dort winzige Nanopartikel, die dann chemisch besonders aktiv sind. Gleichzeitig bilden sich sogenannte Sauerstoff-Fehlstellen – Positionen im Kristall, an denen eigentlich ein Sauerstoff-Atom sitzen sollte. Genau an diesen freien Stellen können CO2-Moleküle besonders gut andocken, um dann in Sauerstoff und Kohlenmonoxid zerlegt zu werden.
„Wir konnten zeigen, dass unser Perowskit deutlich stabiler ist als andere Katalysatoren“, sagt Christoph Rameshan. „Außerdem hat er den Vorteil, dass er regeneriert werden kann: Wenn seine katalytische Aktivität nach einer gewissen Zeit doch nachlässt, kann man ihn einfach mit Hilfe von Sauerstoff wieder in seinen ursprünglichen Zustand versetzen und weiterverwenden.“
Erste Abschätzungen zeigen, dass der Katalysator auch ökonomisch vielversprechend ist. „Er ist zwar teurer als andere Katalysatoren, aber nur etwa um circa einen Faktor drei, und das bei deutlich besserer Haltbarkeit“, sagt Rameshan. „Wir möchten nun noch versuchen, das Element Neodym mit etwas anderem zu ersetzen, das könnte die Kosten noch weiter reduzieren.“
Die Industrieanlage mit eingebauter Treibstoffproduktion
Theoretisch könnte man solche Technologien dazu verwenden, um CO2 aus der Atmosphäre zu holen – dafür müsste man das Kohlendioxid allerdings zunächst konzentrieren, und das ist nur mit beträchtlichem Energieaufwand möglich. Effizienter ist es daher zunächst, CO2 dort umzuwandeln, wo es in großer Menge entsteht, etwa in Industrieanlagen. „Man könnte bestehende Anlagen, die derzeit viel CO2 ausstoßen, einfach mit einem zusätzlichen Reaktor ergänzen, in dem das CO2 zunächst in CO umgewandelt und dann weiterverarbeitet wird“, sagt Christoph Rameshan. Anstatt das Klima zu schädigen, würde eine solche Industrieanlage dann zusätzlichen Nutzen generieren. ( Applied Catalysis B: Environmental, 2021); doi: 10.1016/j.apcatb.2021.120183)
Quelle: Technische Universität Wien