Big Data für die Erdbeobachtung
303.714 Aufnahmen hat der Satellit bereits geliefert. Die Daten werden über ein weltweites Netzwerk von Bodenstationen empfangen und von den Experten des DLR-Earth Observation Center (EOC) verarbeitet und ausgewertet. Bereits die ersten Analysen dokumentieren unbestreitbare Details des Klimawandels, unter anderem den Rückzug von Gletschern weltweit. Rund 1.000 Wissenschaftler aus mehr als 50 Ländern nutzen heute den Datenschatz für ihre Forschungsarbeiten – und die Nachfrage steigt.
Für die Umwelt- und Klimaforschung sind die globalen Radaraufnahmen von besonderem Wert. Den langfristigen Zugang sichert das DLR im Deutschen Satellitendatenarchiv in Oberpfaffenhofen. So hat das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum bisher mehr als 1,85 Millionen Kommandos an TerraSAR-X gesendet und mit weiteren 1,4 Millionen Kommandos den ihn umkreisenden Satelliten TanDEM-X gesteuert.
Eine besondere Herausforderung, ob in der Entwicklung oder im Betrieb, war und ist der „Doppelhelix-Tanz“ der beiden Radarsatelliten. Die engste Formation zwischen TerraSAR-X und TanDEM-X wurde 120 Meter senkrecht zur Flugrichtung geflogen – bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 7,6 Kilometer pro Sekunde. Die herausragenden Leistungen und Erfolge beruhen dabei nicht zuletzt auf der engen interdisizplinären Zusammenarbeit im DLR. In Oberpfaffenhofen haben knapp 100 Mitarbeiter aus vier DLR-Instituten ihre Kompetenzen verknüpft, so dass sie seit nunmehr zehn Jahren die gesamte Prozesskette der Mission TerraSAR-X und TanDEM-X beherrschen.
Die Zukunft
Die außergewöhnliche Lebensdauer des Satelliten ist dem sorgfältigen Betrieb und der robusten Bauweise zu verdanken. Erst rund die Hälfte des Treibstoffvorrats ist verbraucht und der Leistungsstand der Batterien liegt bei etwa 72 Prozent, so dass die Experten auf weitere fünf Jahre mit TerraSAR-X hoffen. Auch Zwillingssatellit TanDEM-X zeigt keine Anzeichen von Müdigkeit.
Bis zum Herbst 2017 sollen daher weitere hochaufgelöste Höhenbilder erstellt und der globale Datensatz ergänzt werden. Der Fokus liegt auf Gebieten, die starke Veränderungsprozesse aufweisen und dadurch von besonderem wissenschaftlichem Interesse sind. Dazu zählen die Küstengebiete der Antarktis, Grönland und Permafrostgebiete sowie die Amazonas-Regenwaldgebiete.
„Die neuen Aufnahmen dienen zugleich auch zur Demonstration und Vorbereitung von Tandem-L: Mit Tandem-L haben die Wissenschaftler des DLR eine neue Satellitenmission konzipiert, die den Wandel der Erde beobachtet – zehn Jahre lang, im Wochentakt, hochgenau und in 3D. Für Wissenschaft und Politik wären solche Daten von unschätzbarem Wert“, erläutert Hansjörg Dittus, Mitglied des DLR-Vorstandes für Raumfahrtforschung und -technologie.
In Hinblick auf Ausmaß und Auswirkungen von Klimaänderungen etwa könnte Tandem-L wichtige und bis heute fehlende Informationen bereitstellen – für verbesserte wissenschaftliche Prognosen und darauf aufbauend gesellschaftspolitische Handlungsempfehlungen. Das Konzept baut auf den Erfahrungen und herausragenden Erfolgen der Missionen TerraSAR-X und TanDEM-X auf. Erhält der Missionsvorschlag „grünes Licht“, wird Tandem-L die Radarfernerkundung 2022 in die nächste Ära der Technologien und Anwendungen überführen.
Mit der X-Band SAR Linie hat sich Deutschland über Jahrzehnte eine weltweit anerkannte Expertise und Alleinstellungsmerkmal erarbeitet. Um diese Führungsrolle auch zukünftig sicherzustellen, wird im DLR-Raumfahrtmanagement an der Fortführung der X-Band-Linie gearbeitet. Die Zukunft liegt in einer noch höheren Auflösung bei gleichzeitig größerer Streifenbreite. Hiermit sollen die wissenschaftlichen, hoheitlichen und kommerziellen Bedarfsträger kontinuierlich mit Daten versorgt werden.
(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 16.06.2017 – NPO)
16. Juni 2017