Wer unter einer bulimischen Essstörung leidet, erlebt regelmäßig Essanfälle. Dabei nehmen Betroffene in kurzer Zeit sehr große Nahrungsmengen auf und fühlen, dass sie die Kontrolle verlieren. Hilfe könnte ein neues Computertraining bieten, mit dem die Betroffenen lernen, das automatisierte Verhaltensmuster zu durchbrechen. Das Programm hat sich in einer Pilotstudie bereits als sehr erfolgreich erwiesen.
Basierend auf den vielversprechenden Ergebnissen dieser Pilotstudie untersucht die Universitätsklinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik Heidelberg das Behandlungsverfahren in einer groß angelegten Studie mit Patienten, die unter einer klinischen Essstörung mit regelmäßigen Essanfällen leiden. Dafür sucht die Klinik noch Studienteilnehmer. Anmeldungen können voraussichtlich noch bis Ende 2016 angenommen werden. Die Studie wird von der Schweizerischen Anorexia Nervosa Stiftung gefördert.
Die Teilnehmer durchlaufen zehn Sitzungen à 15 Minuten eines computerbasierten Trainings über einen Zeitraum von fünf Wochen. Mithilfe eines Computers und eines Joysticks werden sie darin trainiert, in kurzer Zeit sehr viele Vermeidungsreaktionen auf visuelle Nahrungsreize auszuführen.
Reaktion auf das Essen normalisiert
In der Pilotstudie verringerte sich bei den Teilnehmern das Verlangen nach Nahrungsmitteln signifikant auch im Alltag. Zudem gingen die weiteren Symptome der Essstörung, wie Sorgen um Figur- und Gewicht, deutlich zurück. Die Teilnehmer schätzten das Training als wenig belastend ein und die Mehrheit gab an, das Training weiterempfehlen zu können. Die Ergebnisse der Pilotstudie wurden im European Eating Disorders Review publiziert.
Basis des neuen Behandlungsansatzes sind Forschungsergebnisse von Dr. Timo Brockmeyer und Professor Dr. Hans-Christoph Friederich von der Universitätsklinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, die in der Fachzeitschrift Appetite publiziert wurden. Sie konnten zeigen, dass Menschen mit regelmäßig stark ausgeprägtem Verlangen nach Nahrungsmitteln Besonderheiten in der frühen Informationsverarbeitung von Nahrungsreizen aufweisen.
(Universitätsklinikum Heidelberg, 09.02.2016 – NPO)