Wie eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, erhalten Beschäftigte ohne Tarifvertrag im Schnitt 11 Prozent weniger Lohn und müssen pro Woche durchschnittlich 54 Minuten länger arbeiten als Arbeitnehmer mit Tarifvertrag. Ein Tarifvertrag bedeutet für Arbeitnehmer mehr Geld für weniger Arbeit. Die Studie zeigt jedoch auch, dass die Tarifbindung seit der Jahrtausendwende deutlich zurückgegangen ist und dass es gerade in den neuen Bundesländern viele tariflose Betriebe gibt.
Studie zeigt Vorteile von Tarifverträgen
Aus den Zahlen der Studie geht hervor, dass Arbeitnehmer mit Tarifvertrag eindeutig bessergestellt sind als Arbeitnehmer ohne Tarifvertrag. Die Unterschiede werden vor allem in Ostdeutschland deutlich. In tariflosen Betrieben in Brandenburg und Sachsen-Anhalt verdienen die Arbeitnehmer 18 Prozent, in Mecklenburg-Vorpommern 14 Prozent weniger als in tarifgebundenen Betrieben. Verglichen wurden Betriebe, die identisch hinsichtlich
- Stand der technischen Anlagen
- Qualifikation der Beschäftigten
- Größe
- Wirtschaftszweig
sind. Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung hat für die Studie eine Arbeitgeberbefragung von 2019 des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit herangezogen. Die Tarifbindung geht laut Studie immer weiter zurück, was insbesondere die neuen Bundesländer betrifft. In einigen Branchen wie dem Handel ist die fehlende Tarifbindung am stärksten ausgeprägt. In Thüringen sind nur zwölf Prozent der Betriebe im Handel tarifgebunden. Insgesamt ist die Tarifbindung seit der Jahrtausendwende um 16 Prozent zurückgegangen und liegt im gesamten Bundesgebiet nur noch bei 52 Prozent. Am höchsten ist die Tarifbindung in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Bremen und Niedersachsen. Sie liegt dort zwischen 56 und 58 Prozent. In Bayern, das auf Platz sieben bei der Tarifbindung steht, haben die Gewerkschaften für die Mitarbeiter mehr Freizeit ausgehandelt. Dort müssen die Arbeitnehmer im Schnitt 57 Minuten pro Woche weniger arbeiten, doch bekommen sie 9 Prozent mehr Lohn. Auch wenn die Lohnerhöhungen in den verschiedenen Bundesländern im Zuge der Corona-Krise durch neue Tarifverträge mit durchschnittlich 1,5 Prozent deutlich geringer gestiegen sind als zuvor, haben Arbeitnehmer in tarifgebundenen Betrieben bessere Chancen auf höhere Löhne und insgesamt attraktivere Konditionen.
Inhalte von Tarifverträgen
Tarifverträge regeln die Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, die unbedingt eingehalten werden müssen. Neben Lohn und Gehalt sind in Tarifverträgen noch weitere Bedingungen festgeschrieben:
- Wochenarbeitszeit und maximale tägliche Arbeitszeit
- Gruppierung der Mitarbeiter entsprechend der Vergütung
- Voraussetzungen für Zulagen und Zuschläge
- Urlaubstage pro Jahr
- Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld
- Einführung von Kurzarbeit
- Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
- Kündigungsfristen.
Tarifverträge bedeuten mehr Sicherheit und bessere Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmer. Abweichungen von Tarifverträgen sind nur dann erlaubt, wenn für die Arbeitnehmer keine Nachteile entstehen.
Vorteile von Tarifverträgen für Arbeitnehmer
Die Studie zeigt bereits die Vorteile von Tarifverträgen für Arbeitnehmer:
– höhere Löhne im Vergleich zu Mitarbeitern, die nach Werkverträgen bezahlt werden
– stärkere Einflussnahme der Arbeitnehmer auf die Arbeitsbedingungen dank der Gewerkschaften
– Transparenz bei den Gehältern, da keine individuellen Gehaltsverhandlungen erforderlich sind
– bessere Möglichkeit der Teilnahme an wirtschaftlichen Entwicklungen aufgrund der kurzen Laufzeiten von Lohn- und Gehaltstarifverträgen
– kürzere Arbeitszeiten gegenüber Arbeitnehmern in Unternehmen ohne Tarif
– mehr Urlaub, beispielsweise 30 Tage Jahresurlaub bei einem Tarifvertrag in der Metallindustrie
– besserer Schutz der Arbeitnehmer aufgrund der Laufzeiten der Tarifverträge.
Tarifverträge nach Branchen
Tarifverträge schreiben die Grundvergütungen und andere Arbeitsbedingungen in verschiedenen Branchen fest und sind über die jeweiligen Branchen zugänglich. So gibt es beispielsweise den Tarifvertrag Handel, den Gehaltstarifvertrag für Medizinische Fachangestellte und Arzthelfer, den Tarifvertrag für die Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbranche, den Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe, das Entgelt-Rahmenabkommen in der Metall- und Elektroindustrie und den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes.
Arten von Tarifverträgen
Tarifverträge werden nicht nur nach Branchen, sondern auch nach Parteien unterschieden, beispielsweise
- Firmenbezogener Verbandstarif in einem bestimmten Unternehmen
- Firmentarifvertrag zwischen einem Betrieb und einer Gewerkschaft
- Verbandtarifvertrag oder Flächentarifvertrag für eine Branche oder eine bestimmte Region
- Konzerntarifvertrag zwischen Gewerkschaft und Konzern
- mehrgliedrige Tarifverträge für mehrere Vertragsparteien.
Abhängig vom Gegenstand der Tarifverträge gibt es
- Lohn- und Gehaltstarifverträge
- Lohn- und Gehaltsrahmentarife
- Mantel- oder Rahmentarifverträge für alle weiteren Arbeitsbedingungen
- Sonstige Tarifverträge wie Notlagentarifvertrag im Sanierungs- oder Insolvenzfall eines Unternehmens.
Fazit
Ein Tarifvertrag bietet für Arbeitnehmer Vorteile, wie eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigt. Arbeitnehmer können bessere Löhne, mehr Urlaub und verschiedene Zulagen erhalten. Die Studie zeigt, dass auch die Arbeitszeit für tarifgebundene Arbeitnehmer kürzer ist als für ihre Kollegen ohne Tarifvertrag. Abhängig von den Branchen gibt es verschiedene Tarifverträge.