Computer speichern Informationen in Form eines Binärcodes, einer Reihe aus Einsen und Nullen – sogenannten Bits. In der Praxis werden dafür komplexe Schaltkreise auf dünne Halbleiterchips aufgebracht. Forschern der Universität Paderborn und der Technischen Universität Dortmund ist es jetzt gelungen, ein optisches Bit zu realisieren, das nur mithilfe von Licht auf einen Chip geschrieben und gezielt kontrolliert werden kann. Neben dem fundamentalen Interesse birgt das großes Potential für die optoelektronische Informationsverarbeitung.
Drehrichtung der Wirbel steht für ein Bit
In der aktuellen Arbeit untersucht das Projektteam um die Paderborner Physiker Prof. Dr. Stefan Schumacher und Dr. Xuekai Ma sowie Jun.-Prof. Marc Aßmann und Bernd Berger von der TU Dortmund bestimmte Wirbelzustände, die sich in einer optisch angeregten Quantenflüssigkeit ausbilden. „Diese Wirbel können in zwei verschiedene Richtungen rotieren. Die beiden Drehrichtungen entsprechen den Einstellungen eines Bits, also Eins oder Null“, erklärt Studienleiter Schumacher. Der Wissenschaftler ergänzt: „Die Anregung erfolgt mit einem ringförmigen Laserprofil, in dessen Mitte sich ein Wirbel in der vom Laser angeregten Quantenflüssigkeit ausbildet. Ein zusätzlicher kurzer Laserpuls bewirkt dann das Umschalten der Drehrichtung, sodass das Bit gezielt entweder auf Null oder auf Eins eingestellt und auch nachträglich umgeschaltet werden kann.“ Mit dem gezielten Umschalten können dann auch gespeicherte Informationen besonders schnell geändert werden, so der Physiker weiter.
Umschaltung dauert weniger als ein Milliardstel einer Sekunde
Laut Schumacher werden ähnliche Wirbel derzeit in vielen physikalischen Systemen hinsichtlich möglicher Anwendungen in der Informationsspeicherung und -verarbeitung untersucht. „Oftmals wird dabei aber nur die Existenz oder Erzeugung der Wirbel studiert. Wir demonstrieren hier auch die effiziente Manipulation mithilfe ultrakurzer Laserpulse, sodass wir die Drehrichtung eines Wirbels, und damit die optisch gespeicherte Information, in weniger als einem Milliardstel einer Sekunde gezielt umschalten können,“ erklärt Ma, Erstautor der Arbeit.
„Ein besonderer Erfolg ist auch die praxisnahe experimentelle Umsetzung“, sagt Berger. „Die Drehrichtung des Wirbelzustandes wird im Labor direkt über den räumlichen Drehimpuls des emittierten Lichts gemessen“, so der Physiker weiter, der den dafür notwendigen Aufbau im Rahmen seiner Doktorarbeit konzipiert hat. Das Konzept sei außerdem durch die ausschließlich nicht-resonante und damit inkohärente optische Anregung grundsätzlich auch mit elektrischer statt mit optischer Herangehensweise kompatibel.
Die der Arbeit zugrunde liegende Idee wurde vom Erstautor Ma entwickelt. In enger Zusammenarbeit mit den Dortmunder Kollegen um Aßmann ist es dann gelungen, das theoretische Konzept auch experimentell umzusetzen. „Ich freue mich besonders für Herrn Ma, dass er erneut eine seiner Ideen so erfolgreich hat umsetzen und in einem solch renommierten Fachjournal publizieren können,“ sagt Schumacher. Ma wurde bereits 2017 mit dem „Chinese government award for outstanding PhD students“ für seine exzellente Forschungsleistung während der Promotion in Paderborn ausgezeichnet. Seine Arbeiten wurden zuvor mehrfach im renommierten Fachjournal „Physical Review Letters“ veröffentlicht. Der Wissenschaftler führt seine aufwendigen Computersimulationen zum Projekt auf den Höchstleistungsrechnern des Paderborner Center for Parallel Computing, PC2, durch. Die im Experiment verwendete Halbleiternanostruktur wurde an der Universität Würzburg hergestellt. (Nature Communications, 2020; doi: 10.1038/s41467-020-14702-5)
Quelle: Universität Paderborn