Psychologie

Was die Psychologie uns über unsere finanziellen Entscheidungen verrät

Finanzpsychologie

Symbolbild Finanzpsychologie
Was geht in unserer Psyche vor, wenn wir finanzielle Entscheidungen treffen? Diese und ähnliche Fragen möchte die Finanzpsychologie beantworten. © monsitj, GettyImages

Sparen oder doch lieber investieren? Solche Fragen beschäftigen die meisten Menschen zu irgendeinem Zeitpunkt in ihrem Leben. Selbst, wer dem Finanzmarkt fern bleibt, muss früher oder später Entscheidungen treffen, bei denen es ums Geld geht. Tipps zu den verschiedensten finanziellen Themen gibt es überall, doch nur selten beschäftigen sich diese mit den Gründen für finanzielle Entscheidungen. Ganz anders sieht es da bei der Finanzpsychologie aus. Das Spezialgebiet befasst sich ausschließlich mit der menschlichen Wahrnehmung und dem Verhalten beim Umgang mit Geld – und liefert dabei überaus aufschlussreichen Erkenntnisse.

Eigener Forschungsbereich der Psychologie

Finanzielle Angelegenheiten beschäftigen nicht nur Ökonomen, sondern auch Soziologen, Historiker, Verhaltensforschen und Psychologen. Mit der Finanzpsychologie haben die Geisteswissenschaften eine wertvolle Teildisziplin etabliert, die im Gegensatz zur allgemeinen Wirtschaftspsychologie dezidiert mikroökonomischen Perspektiven nachgeht. Mit diesem Fokus auf das einzelne Individuum liefert sie spannende Ergebnisse, die beispielsweise in der qualitativen Finanzmarktanalyse zur Anwendung kommen. Fragestellungen aus der Finanzpsychologie lassen sich in der Regel drei großen Themenbereichen zuordnen. Der erste befasst sich mit dem Aspekt der Selbstkontrolle bei finanziellen Handlungen. Interessant ist in diesem Rahmen insbesondere, welche Einflüsse impulsives Handeln begünstigen. Ein weiterer Bereich nimmt das Risikoverhalten genauer unter die Lupe. Hierzu gehören auch Fragestellung zu den Themen Spar- und Verschuldungsverhalten. Außerdem gibt es an dieser Stelle Überschneidungen mit der Börsenpsychologie, die teilweise auch der Finanzpsychologie zugerechnet wird. Ein letzter großer Bereich umfasst den Zusammenhang von Geld und unserem Glücksempfinden.

Das Gewicht von Emotionen wird oft unterschätzt

Einer der größten Einflussfaktoren, wenn es um menschliches Verhalten geht, sind Emotionen. Sie sind immer anwesend, selbst bei augenscheinlich rationalen Entscheidungen und nehmen großen Einfluss darauf, wie wir in Geldfragen handeln. Besonders offensichtlich ist der Einfluss bei der Emotion Angst. Sie kann Menschen dazu veranlassen, übermäßig vorsichtig zu sein, Risiken zu vermeiden und sich zurückzuhalten, wenn es um Investitionen oder größere finanzielle Entscheidungen geht. Da die menschliche Angst sich im Laufe der Evolution als Kontrollmechanismus im Kontext sehr konkreter und physischer Bedrohungen entwickelt hat, ist sie in abstrakten finanziellen Fragen weder pauschal hilfreich noch störend.

Trotzdem ist sie ein entscheidender Faktor im Umgang mit Geld. Doch auch Freude und Euphorie haben ihren Anteil und gelten als maßgebliche Einflussfaktoren. Sie können beispielsweise dazu führen, dass wir einen vorangegangenen finanziellen Erfolg übermäßig optimistisch bewerten und daher irrigerweise denken, eine Wiederholung der Handlung würde immer zum selben Ergebnis führen. Ebenso fatal kann ausbleibende Bestätigung sein, die sich in Trauer und Frust niederschlägt. Eine mögliche Folge, der Frustkauf, dürfte den meisten bestens bekannt sein.

Kognitive Verzerrungen führen zu Fehlentscheidungen

Die Prozesse und Abläufe, in denen unsere durch die Sinnesorgane aufgenommenen Informationen im Gehirn verarbeitet werden, stellen ein äußerst komplexes Forschungsfeld innerhalb der Psychologie dar. So ist es aber gerade die sog. Kognition, die auch auf unsere Finanzentscheidungen und den Umgang mit Geld einen großen Einfluss hat. Deshalb befasst sich die Finanzpsychologie verstärkt mit diesem Bereich. Äußerst interessant und lehrreich sind die Forschungsergebnisse zu kognitiven Verzerrungen. Damit werden fehlerhafte Wahrnehmungen, aber auch Erinnerungen und die daraus resultierenden Urteile beschrieben. Ein bekanntes Beispiel für eine solche Verzerrung ist der Bestätigungsfehler, bei dem wir Informationen mehr Gewicht geben, die bereits vorhandene Annahmen bestätigen. Widersprüchliche Informationen werden demgegenüber ignoriert. Während diese Einflussnahme auf scheinbar rational getroffene Entscheidungen relativ leicht nachzuvollziehen ist, zeigen manche Studien auch unerwartete Zusammenhänge auf.

So hat ein Forschungsteam der New York University herausgefunden, dass selbst die Lichtintensität unser Urteilsvermögen beeinträchtigt. Bei dem Versuchsaufbau mit rund 2530 Probanden mussten die einzelnen Teilnehmer sich zwischen jeweils drei zur Auswahl stehenden Optionen in einem Glücksspiel entscheiden. Das Experiment spielte im Verlauf verschiedene Szenarien durch. An besonders lichtintensiven Tagen waren die Teilnehmenden deutlich risikofreudiger und wählten öfter die Antwortoptionen mit geringerer Gewinnchance, aber höherem Gewinn.

Eine überaus wechselseitige Dynamik

Etwas, was die Finanzpsychologie hervorragend zeigt, ist wie unsere Einstellung zu bestimmten Themen das finanzielle Handeln beeinflussen. Deutlich wird dies im Speziellen beim Thema Kredite und Finanzierungen. Grundsätzlich wissen viele Kreditnehmer, worauf sie vor der Unterzeichnung eines Kreditvertrages achten sollten, doch unbewusste Vorgänge machen uns trotzdem manchmal einen Strich durch die Rechnung. Wer klug und bewusst agiert, kann sich beim Hausbau beispielsweise Zinsen für die Anschlussfinanzierung im Voraus sichern. Doch fallen manche stattdessen auf die Verfügbarkeitsheuristik herein. Diese führt dazu, dass Menschen schneller leicht verfügbare Kreditangebote annehmen, anstatt die Konditionen verschiedener Angebote gründlich zu vergleichen. Ein Grund für dieses oft fatale Handeln ist die irrige Annahme, einfache Lösungen zu bevorzugen und bei unangenehmen Themen lieber auf die Intuition zu hören oder auf scheinbar bewährte Faustregeln zu vertrauen.

Starker Einfluss von Werbung und sozialen Zwängen

Für die finanzpsychologische Forschung ist selbstverständlich auch der Einfluss von gesellschaftlichen Faktoren ein Thema. Für Verbraucher besonders relevant ist die Wirkung von Werbung auf das Urteilsvermögen. Werbung zielt darauf ab, uns dazu zu bewegen, bestimmte Produkte zu kaufen oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Studien legen nahe, dass Werbung auf kognitive Verzerrungen setzt oder diese sogar hervorrufen kann. Wie wirksam Werbung ist, hängt dabei auch stark davon ab, wie glaubwürdig der Werbetreibende eingeschätzt wird. Je höher der Vertrauensvorschuss ausfällt, desto eher lassen sich Menschen im Sinne der Verfügbarkeitsheuristik zu Impulskäufen verleiten. Auch Normen und gewisse von der Gesellschaft vermittelte Erwartungshaltungen und Ansprüche spielen hierbei eine große Rolle. Der Druck, mit anderen Schritt halten zu wollen oder ein gewisses Image zu wahren, kann dazu führen, dass Menschen über ihre finanziellen Verhältnisse hinaus leben. Experten, die sich auf die Erkenntnisse aus der Finanzpsychologie und verwandter Disziplinen berufen, betonen daher immer wieder, die Notwendigkeit finanzieller Bildung.

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