Nachhaltigkeit ist in aller Munde und notwendig, um künftigen Generationen den Lebensraum zu erhalten. Dabei geht es nicht nur um nachwachsende Rohstoffe und Energie aus natürlichen Ressourcen. Nachhaltigkeit bezieht auch die Produktionsbedingungen, die Bezahlung der arbeitenden Menschen, die Ökologie der Anbaugebiete und das Recycling oder umweltgerechte Entsorgen ausrangierter Produkte ein.
Wer nachhaltig produziert, muss nachweisen können, welche Rohstoffe er verwendet, wie diese angebaut und welche Farbstoffe verwendet wurden. Deshalb wurden Qualitätsnormen und Prüfsiegel entwickelt, die vergeben werden, wenn alle Bedingungen dafür erfüllt wurden. Auf diese Weise erhalten Verbraucher die Sicherheit, dass Textilien frei von chemischen Giftstoffen sind, Kinderspielzeug mit speichelfestem Lack versehen wurde und Cremes keine Konservierungsmittel enthalten.
Menschen wird immer mehr bewusst, dass ihre Gesundheit in direktem Zusammenhang mit der Nutzung von Produkten und Lebensmitteln steht. Der Trend nach ökologischen Waren ist in den letzten Jahren spürbar gestiegen. In zunehmendem Maße wächst auch das Verständnis für die Notwendigkeit eines zertifizierten Herstellungsverfahrens, das alle angrenzenden Bereiche erfasst. Dazu gehören:
- Anbaubedingungen bei pflanzlichen Rohstoffen (Baumwolle)
- artgerechte Haltung von Nutztieren
- Bezahlung der Arbeitskräfte, Sicherheitsvorkehrungen für den Produktionsprozess, Schutz des Lebensraumes der Bevölkerung
- Unterbindung von Kinderarbeit
- Rekultivierung des Bodens (Jahre, in denen nichts gepflanzt, damit sich der Boden erholt)
- klimaneutraler Versand der Produkte und kurze Versandwege
- lückenlose Nachverfolgung der Lieferkette
- Verzicht auf Verpackungsmittel, die sich nicht recyceln lassen
- Einsparung von Umverpackungen
- Entsorgung
Wer alle Auflagen erfüllt, die für die Erteilung eines Prüfsiegels oder dem Entsprechen von Standards notwendig sind, sorgt beim Kunden für Transparenz und Vertrauen und erhöht gleichzeitig die Kaufbereitschaft. Zertifizierte Produkte sind zwar teurer, da hochwertigere Materialien zum Einsatz kommen, die Arbeiter besser bezahlt werden und mehr Geld für die natürliche Behandlung des Bodens und die Haltung der Tiere eingesetzt werden muss. Das führt dazu, dass sich Produktmengen wieder auf ein natürliches Maß einpendeln. Jährlich werden Millionen Artikel aus Überproduktionen weggeworfen, weil sie keinen Absatz finden. Auch für ihre Herstellung wurden Ressourcen verwendet, die anschließend auf dem Müll landen. Diese Verschwendung wird sich relativieren, je mehr Unternehmen sich der freiwilligen Zertifizierung anschließen.
Beispielsweise zertifiziert das NCP-Siegel Naturprodukte, die frei von Gentechnik und Mikroplastik sind. Was im Bereich der Lebensmittel das Bio-Siegel ist, bedeutet das NCP-Siegel im Bereich der Non-Food-Produkte. Dabei werden folgende Richtlinien definiert:
alle Inhaltsstoffe kommen aus dem pflanzlichen und/oder tierischen Bereich
- kein Einsatz von Mikroplastik
- kein Einsatz von synthetischen Silikonen und Tensiden
- gentechnikfrei
- keine Tierversuche (außer gesetzlich verpflichtende)
- frei von Palmöl
- Verpackungen müssen recycelbar sein
Da das Siegel neu ist, sind auch hier Nachbesserungen notwendig. Die Vorschriften hinsichtlich Energieverbrauch, Wassernutzung, Sozialverträglichkeit und der Abfallverwertung müssen noch stärker berücksichtigt werden. Trotzdem setzt das NCP-Siegel strenge Richtlinien an. Weitaus weniger Auflagen sind beim Blauen Engel und EcoCert zu erfüllen. Ersterer definiert für jede Produktgruppe konkrete Standards hinsichtlich Klima, Gesundheit und Umwelt. Völlig unbedenklich sind die geprüften Produkte aber auch mit dieser Zertifizierung nicht.
Das Label EcoCert wird nicht nur für Wasch- und Reinigungsmittel erteilt, die zum überwiegenden Teil aus natürlichen Inhaltsstoffen hergestellt werden. Zusätzlich hinterfragt das Siegel die Umweltbedingungen, die durch die Herstellung dieser Produkte entstehen. EcoCert prüft nach 30 gesetzlichen und privatrechtlichen Standards (darunter auch Lebensmittel), zusätzlich zu den beispielsweise bestehenden Richtlinien von Demeter und Naturland.
Bekleidung aus nachwachsenden Rohstoffen
Im Gegensatz zu Bekleidung aus Chemiefasern zählen Baumwolle und Schafwolle zu den nachhaltigen Rohstoffen der Textilbranche. Chemiefaserstoffe lassen sich nicht biologisch abbauen, daher müssen daraus entstandenen Produkte verstärkt recycelt werden. Trotzdem entsteht Müll, der noch nicht umweltgerecht entsorgt werden kann. Im Gegensatz dazu lassen sich aus Wolle gearbeitete Textilien immer wieder aufbereiten und auf neue Art und Weise verwenden. Im letzten Schritt sind beide Materialien biologisch abbaubar und können der Natur helfen, sich zu regenerieren.
Speziell Merinowolle hat viele positive Trageeigenschaften und gilt als nachwachsender Rohstoff. Schafe müssen regelmäßig geschoren werden, da ihnen ansonsten Augen und Nase zuwachsen könnten und ihr Fell kontinuierlich an Gewicht zunehmen würde. Die Wolle vom Merinoschaf ist sehr weich, schmutzabweisend und auch nach mehrmaligem Tragen geruchsneutral. Deswegen wird sie gerne in der Säuglingspflege eingesetzt, wo sie als Einlagen und gestrickten Windelhöschen zum Einsatz kommt. In kardierter Form findet sie als Wundauflagen für den Babypo Anwendung und hilft durch das Stillen strapazierten Brustwarzen.
Weniger bekannt ist hingegen, dass die Schafe gesundheitlich einen hohen Preis zahlen, wenn sie dem Menschen ihr Wollkleid zur Verfügung stellen. Wird Merinowolle beschrieben, taucht immer der Begriff „muselingfrei“ auf. Dieser bezieht sich nicht auf die Faserbeschaffenheit oder Farbbestandteile. Museling beschreibt einen chirurgischen Eingriff in die Haut des Hinterteils bei Lämmern. So werden die Tiere zwar vor Infektionen und einem möglichen Tod geschützt, doch diese Prozedur erfolgt vielfach ohne Betäubung, sodass die Tiere große Schmerzen erdulden.
Die verheilten Hautflächen vernarben in glatter Weise und bilden anschließend keinerlei Nährboden für Parasiten. Ohne diesen Eingriff müssen die Tiere regelmäßig auf Parasitenbefall kontrolliert und behandelt werden, was den Profit am Tier schmälert. Diese Behandlung hat nichts mit Nachhaltigkeit im Sinne einer tiergerechten Haltung zu tun und wird überwiegend in Australien und Neuseeland angewandt. Hier eignen sich Zertifizierungen, um dem Endkunden die Sicherheit zu geben, dass das Produkt nicht nur gesundheitlich unbedenklich ist, sondern auch die Tiere respektvoll behandelt werden. Dadurch wird das Bewusstsein gestärkt, dass Tiere nicht nur Nutztiere sind, die dem Menschen zur Verfügung gestellt wurden. Auch sie haben ein Recht auf ein gesundes und artgerechtes Leben, selbst wenn der Mensch letztlich von ihrem Körper profitiert.
Nachhaltigkeit in allen Bereichen
Es werden noch Jahre vergehen, bis Billigartikel, Massenproduktion und ausbeuterisches Verhalten gegenüber den Nutztieren der Vergangenheit angehören. Doch die ersten Schritte sind getan und das Bewusstsein für die Umwelt ist nicht mehr aufzuhalten. Die Angst um die eigene Gesundheit und ein System, das immer mehr Krankheiten statt Heilung hervorbringt, verändern das Bewusstsein des Menschen. Mittlerweile wird kritisch hinterfragt, welche Farbstoffe in Textilien stecken, die für Babys und Kinder produziert werden. Was dünstet aus Wandfarben in den Raum hinein? Welche Pestizide nehmen wir beim Kauf von frischem Obst und Gemüse zu uns, wenn diese nicht aus biologischem Anbau stammen?
Trotz modernster Technik nehmen Krankheiten kontinuierlich zu. Was die Idee nahelegt, dass wir uns intensiver mit den Inhaltsstoffen der von uns genutzten Produkte beschäftigen sollten.
Dass dabei die Lebensmittel im Vordergrund stehen, ist leicht nachvollziehbar. Diese wirken direkt auf unsere Gesundheit und führen schnell zu spürbaren Folgen. Zunehmend reagieren Menschen auch auf giftige Farbstoffe in der Bettwäsche oder der Ummantelung von Matratzen. Da sich das Bewusstsein ausdehnt, spielen auch umweltbezogene Faktoren eine immer größere Rolle. War es früher wichtig, dass Artikel möglichst billig sind, entwickelt sich zunehmend ein anderes Verständnis. Der Raubbau an der Natur, Kinderarbeit und die Zerstörung ganzer Landstriche können nicht richtig sein, wenn diese Erde auch in der Zukunft die Heimat unserer Kindeskinder sein soll.
Gebrauchtes nutzen und bewusster konsumieren
Immer mehr Menschen vertreten die Ansicht, dass Produkte immer noch verwendet werden können, obwohl diese ausrangiert wurden. Vor Jahrzehnten wies neue Kleidung auf einen gewissen Lebensstandard hin. Wer Gebrauchtes kaufte, konnte sich neue Artikel finanziell nicht leisten.
Dieses Kriterium schwindet, denn Nachhaltigkeit setzt neue Maßstäbe. Wer sich in jeder Saison modebewusst neu einkleiden möchte, kann Kleidung, die problemlos noch mehrere Jahre tragbar ist, weitergeben. Wächst diese Einsicht, wird sich niemand mehr schlecht fühlen, wenn er auf bereits getragene, aber dennoch neuwertige Sachen zurückgreift. Der Mensch wird dadurch nicht zur zweiten Wahl. Im Gegenteil, er demonstriert Verantwortungsbewusstsein und zeigt, dass ihm auch die folgenden Generationen wichtig sind.