Fast jeder Mensch hat im Leben mindestens einmal mit stärkerem Haarausfall zu kämpfen. Bis zu 100 Haare täglich dürfen ausgehen, dieser Haarverlust gilt als vollkommen normal. Schließlich muss ständig Platz für nachwachsende Haare geschaffen werden. Haarausfall kann verschiedene Ursachen haben, und in der Regel lässt er auch wieder nach, sobald diese beseitigt wurden.
Beim erblich bedingten Haarausfall sieht es diesbezüglich aber leider etwas anders aus, denn gegen ihn ist bisher noch kein Kraut gewachsen. Er ist in der Genetik des Menschen begründet und lässt sich somit nur schwer beeinflussen. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Hormon Dihydrotestosteron (DHT), welches sich negativ auf die Haarfollikel auswirken kann. Diese reagieren überempfindlich auf diese kleinen Moleküle, so dass es zu vermehrtem Haarverlust kommt. Haarausfall und Dihydrotestosteron stehen also in einem engen Zusammenhang.
Dihydrotestosteron und seine Funktion im Körper
Um die vielfältigen Körperfunktionen aufrechterhalten zu können, muss ein stetiger Informationsaustausch erfolgen. Diesen bewerkstelligt unser Organismus mit Hilfe des Nervensystems, aber auch diverse Hormone sind daran beteiligt. Hormone fungieren als chemische Botenstoffe im Blutkreislauf, die Körperdrüsen produzieren rund 50 verschiedene davon. Enzyme wandeln diese Hormone dann wiederum in weitere Wirkformen um, so dass im Körper mehr als 1.000 unterschiedliche Hormone zirkulieren. Das Sexualhormon Testosteron, das zu den Androgenen zählt, ist eines davon und für die Entwicklung des männlichen Organismus unabdingbar.
Wirkt das Enzym 5-alpha-Reduktase auf das Testosteron ein, entsteht Dihydrotestosteron, welches auch als Androstanolon bezeichnet wird. Bereits im Mutterleib beeinflusst es den männlichen Embryo, später sorgt es für die Weiterentwicklung eines Jungen zum Mann. Nicht nur im männlichen Körper sind Androgene vorhanden, auch Frauen bilden diese in geringem Maße. Während sie bei Männern die Geschlechtsorgane und -merkmale unterhalten, werden bei Frauen daraus die weiblichen Geschlechtshormone gebildet. Außerdem sorgen sie für starke Knochen und Muskeln und steigern darüber hinaus die sexuelle Lust. Der DHT-Spiegel im Blut kann stark variieren, Tumore der Nebennierenrinde oder der Eierstöcke verursachen eine erhöhte Konzentration.
Zusammenhang zwischen DHT und Haarausfall
Wenn es um das Thema Haarausfall geht, dann handelt es sich meistens um den erblich bedingten Haarausfall. Bei Männern und Frauen kommt er gleichermaßen häufig vor und stellt oftmals eine enorme psychische Belastung dar. Bei der genetischen Alopezie liegt immer eine Überempfindlichkeit der Haarfollikel auf Dihydrotestosteron vor, wobei es vollkommen egal ist, wie hoch die Konzentration im Blut ist. Das DHT verursacht eine zunehmende Verkleinerung der Haarfollikel. Das führt zum einen dazu, dass die Haare schneller ausgehen, und zum anderen wird auch das Haarwachstum eingeschränkt. Darüber hinaus ist auch die Wachstumsphase wesentlich kürzer, die Ruhephase fällt hingegen länger aus.
All diese Umstände haben einen negativen Einfluss auf das Haarwachstum, so dass DHT und Haarausfall oftmals Hand in Hand gehen. Das DHT verengt auch die Kapillaren, welche die Haarwurzeln mit Blut versorgen. In der Folge gelangen nicht mehr ausreichend Nährstoffe zu den Haarfollikeln, was zu deren Verkümmerung führt, so dass letztendlich keine Haare mehr sprießen. Auch wenn der erblich bedingte Haarausfall manchmal auch jüngere Männer betrifft, hängt er meistens mit dem Lebensalter zusammen.
Die ersten Effekte der genetischen Alopezie zeigen sich zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr, bei Frauen geht es häufig erst mit dem Beginn der Wechseljahre so richtig los. Schließlich stellt sich aber die Frage, warum DHT nicht bei jedem Menschen zu Haarausfall führt? Einerseits können Betroffene eine große Anzahl an Rezeptoren auf der Kopfhaut haben, die sensibel auf DHT reagieren. Auf der anderen Seite kann es aber auch vorkommen, dass die Kopfhaut dem Enzym 5-alpha-Reduktase stärker ausgesetzt ist. Erblich bedingter Haarausfall ist schwer behandelbar, doch es gibt durchaus Möglichkeiten.
Erblich bedingter Haarausfall ist hauptsächlich Männersache
Grundsätzlich leiden vor allem Männer unter der Genetik, denn bis zu 80 Prozent machen Bekanntschaft mit dem erblich bedingten Haarausfall. Dieser ist auch die häufigste Ursache für einen stärkeren Haarverlust. Nicht selten zeigen sich erste Anzeichen bereits vor dem 30. Geburtstag. Mit zunehmendem Alter schreitet auch der Haarverlust unaufhaltsam voran.
Oftmals beginnt er mit der Ausbildung von Geheimratsecken, die mit der Zeit größer werden. Nachdem sich die Geheimratsecken zunehmend gelichtet haben, erstreckt sich der Haarverlust anschließend auch über die Schläfen und die Stirn. Bei manchen Männern konzentriert sich der Haarverlust später auch auf den Hinterkopf. Dieser Verlauf wird auch im sogenannten „Hamilton-Norwood-Schema“ festgehalten. Hier werden unterschiedliche Stufen des erblich bedingten Haarausfalls unterschieden.
Die Haarfollikel im Nacken und an den Seiten des Kopfes reagieren nicht empfindlich auf DHT, weshalb der Haarkranz in der Regel bis ins hohe Alter erhalten bleibt. Normalerweise muss kein kompletter Haarverlust befürchtet werden. Auch Frauen bleiben vom erblich bedingten Haarausfall nicht verschont, jede zweite Frau kann davon ein Lied singen. Bei ihnen lichtet sich meistens der Scheitel, eine Ausbildung von Geheimratsecken und lichten Schläfen ist seltener.
Ist eine Haartransplantation eine mögliche Option?
Reza P. Azar ist ein renommierter Experte, wenn es um die Behandlung von Haarausfall geht. In seinem Beitrag über DHT geht er darauf ein, ob eine Haartransplantation bei Haarverlust eine mögliche Option sein könnte. Allerdings kann eine Haartransplantation erst dann in Betracht gezogen werden, wenn der Haarausfall erfolgreich gestoppt werden konnte. Reza P. Azar rät ebenfalls zu anderen Behandlungsmethoden. Da es wirksamere Behandlungswege, ganz ohne einen Eingriff gibt. Diese stärken die Haarwurzeln und können den Effekt des erblich bedingten Haarausfalls abmildern. Erst wenn die regenerativen Therapien ausgereizt sind, der Haarausfall gestoppt oder zumindest vorhersehbar ist, kann eine Haartransplantation helfen.
Wer zu schnell einen Eingriff vornehmen lässt, riskiert, dass das Ergebnis nicht von langer Dauer ist. Da die Haare weiter ausfallen und die versetzten Haare verbleiben. Das Ergebnis ist sehr unnatürlich und wirkt abschreckend.
Möglichkeiten zur Behandlung von genetischer Alopezie
Da der erblich bedingte Haarausfall vornehmlich auf eine Überempfindlichkeit gegenüber DHT zurückzuführen ist, muss dessen Konzentration irgendwie gesenkt werden. Idealerweise setzt die Behandlung möglichst früh ein, um ein rasches Voranschreiten des Haarverlusts zu verhindern. Zu Beginn kann es durchaus ausreichend sein, den Speiseplan um einige pflanzliche DHT-Blocker zu erweitern. Sulforaphan ist beispielsweise in Kohlrabi, Senf, Brokkoli, Kohl, Blumenkohl, Radieschen und Meerrettich enthalten. Beim Genuss von schwarzem Tee nimmt der Körper die Substanz Theaflavin auf. Auch Lignane gehören zu den pflanzlichen Wirkstoffen gegen DHT, es kommt vornehmlich in Leinsamen vor. Bockshornkleesamen gilt ebenfalls als Geheimwaffe im Kampf gegen den erblich bedingten Haarausfall, denn sie enthalten Diosgenin und Trigonellin.
Im fortgeschrittenen Stadium kommt man um den Einsatz von medikamentösen DHT-Blockern kaum mehr herum. Zu diesem Zweck gibt es Tinkturen oder Shampoos mit dem Wirkstoff Alfatradiol, welches dem weiblichen Hormon Östrogen sehr ähnlich ist. Männliche Patienten werden häufig auch mit dem Medikament Finasterid behandelt. Desweiteren kommen auch verschiedene bio-regenerative Verfahren in Frage, wie beispielsweise eine PRP-Therapie.
Fazit
Haarausfall trifft die meisten, insbesondere mit zunehmendem Alter. Diese Veränderung kann belasten, allerdings nur bedingt aufgehalten werden. Mit guter Pflege, der Vermeidung von Giftstoffen (Alkohol, Nikotin…) kann man einen geringen Teil beitragen. Jedoch ist die erbliche Komponente entscheidend, die Auswirkungen können mit DHT-Blockern abgemildert werden.
Zunächst sollte man dies über die Ernährung und Hausmittel versuchen. Sollte der Effekt nicht ausreichen, können bio-regenerative Verfahren Abhilfe verschaffen. Auch medikamentöse Therapien sind eine Option, sind allerdings bei manchen nicht frei von Nebenwirkungen und daher erst zu einem späteren Zeitpunkt anzuraten.
Bei der Entscheidung für eine Haartransplantation sollte keine vorschnelle Entscheidung getroffen werden. Erst nach einer ausführlichen Evaluierung von Alternativen und einer Operationstauglichkeit sollte man sich für den Eingriff entscheiden.