Weltweit machen sich Expertinnen und Experten Gedanken darüber, wie der Ressourcenverbrauch in der Luftfahrt gesenkt werden kann. Ein neues Verfahren hat Dr. Thomas Feuerle am Institut für Flugführung der TU Braunschweig gemeinsam mit deutschen und japanischen Kolleginnen und Kollegen entwickelt. Seine Grundidee, beim Sinkflug vor der Landung möglichst wenig Schub zu geben, klingt einfach. So könnte man gleichzeitig Treibstoff sparen und leiser werden.
Doch können Flieger dann auch im hohen Verkehrsaufkommen berechenbar bleiben? Dass es funktioniert, hat jetzt ein international besetzter Flugversuch bewiesen. „Im Idealfall sollte man vor der Landung einfach die Triebwerke ausstellen und das Flugzeug hinabsegeln lassen“, sagt Thomas Feuerle. Er ist Mitglied einer internationalen Forschergruppe, die sich die Verbesserung der Energiebilanz von Flugzeugen zum Ziel gesetzt hat.
Auch große Verkehrsmaschinen können ohne Treibstoff wie ein Segelflieger zur Erde schweben. Man müsste also beim Anflug auf die Landebahn gar nicht immer wieder Schub geben. Stattdessen könnte man ja einfach die Schwerkraft beziehungsweise die „Lageenergie“ nutzen. „So wird es mitunter heute bereits gemacht“, erklärt Feuerle, „allerdings nur zu aufkommensschwachen Verkehrszeiten.“ Denn gerade im Gewimmel über den stark frequentierten Flughäfen müssen die Landeanflüge unbedingt voraussagbar bleiben, damit es nicht zur Kollision kommt. Mit dem neuen Verfahren kann diese Berechenbarkeit gewährleistet werden.
„Fixed Flight Path Angle Approaches“ (FPA) nennen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihren Ansatz. Dabei wird ein im Voraus berechneter Sinkflug mit konstantem Winkel geflogen. Ihr Verfahren bietet gegenüber den bisherigen Methoden eine wesentlich bessere Vorhersagbarkeit der zukünftigen Position eines Luftfahrzeuges. Damit lässt es sich besser in das Luftverkehrssystem integrieren, das auch bei hohem Verkehrsaufkommen funktionieren muss.
Erfolgreiche Demonstration
Nach etlichen Simulationsversuchen hat das Team jetzt erfolgreich am diesjährigen Boeing ecoDemonstrator-Programm teilgenommen. Thomas Feuerle konnte mit seinen japanischen Kolleginnen und Kollegen des Electronic Navigation Research Institutes (ENRI) aus Tokio sowie den deutsch-amerikanischen Teammitgliedern der Firma Jeppesen den Abschluss der Flugversuche im Rahmen einer Technologie-Messe in Denver feiern.
„Wir erwarten Einsparungen beim Sprit-Verbrauch sowie reduzierte Lärmentwicklung im Anflug auf einen Flughafen. Aktuell werden die im Flugversuch gesammelten Daten ausgewertet und mit Daten aus unseren Flugsimulationen verglichen. Die Planungen für die nächsten Schritte sind weit fortgeschritten. Damit wollen wir die vorhandenen Potentiale des Verfahrens demonstrieren“, erläutert Feuerle. Bis das Verfahren im alltäglichen Flugverkehr umgesetzt werden kann, sei allerdings noch viel zu tun. „Ein Riesenvorteil ist, dass keine Änderungen an vorhandenen modernen Flugzeugen selbst umgesetzt werden müssen. Wir können uns auf die notwendigen Änderungen in den Prozessen und Abläufen konzentrieren.“
Im Rahmen der Zusammenarbeit der drei Partner ENRI (Japan), Jeppesen (Deutschland und USA) sowie der TU Braunschweig wurde das Konzept des „Fixed Flight Path Angle Approaches“ (FPA) entwickelt und im Rahmen von Simulatorversuchen zunächst validiert. Die Flugversuche mit dem Boeing ecoDemonstrator haben das aktuelle Forschungsprogramm erfolgreich abgeschlossen.
Der ecoDemonstrator ist ein jährliches Programm bei Boeing Commercial Airplanes. Ziel ist es, neue Technologien und Verfahren zu testen und zu demonstrieren. 2018 wurde in Kooperation mit FedEx ein Boeing 777 Frachtflugzeug dafür genutzt. Jeppesen GmbH – eine 100 prozentige Boeing-Tochter-Firma mit Sitz in Neu-Isenburg bei Frankfurt und langjähriger Kooperationspartner der TU Braunschweig – war mit Softwarelösungen für eine optimierte Airline-Unterstützung vertreten.
(Technische Universität Braunschweig, 04.05.2018 – NPO)