Technik

Wie funktionieren Tiefseeroboter 6.000 Meter unter dem Meeresspiegel?

Universität Rostock

Die Fakultät Maschinenbau und Schiffstechnik der Universität Rostock nimmt heute (21.08.2013) einen Drucktank in Betrieb, der mit ca. 1,3 Kubikmeter Nutzvolumen und einem Betriebsdruck von 600 bar Versuchssituationen ermöglicht, wie sie bei 6.000 Metern Meerestiefe vorherrschen. „Damit verfügt die Universität Rostock für die Lehrstühle Meerestechnik und Konstruktionstechnik/Leichtbau über die größte Versuchseinrichtung dieser Art an einer deutschen Hochschule“, sagt Professor Mathias Paschen. Die Kosten des Drucktanks belaufen sich auf knapp 460.000 Euro, die je zur Hälfte von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Land Mecklenburg-Vorpommern getragen werden. Hersteller dieser Sonderanfertigung ist die Systec System- und Anlagentechnik GmbH & Co. KG aus Karlstadt in Franken, die auf dem Gebiet der Vakuum-Systeme einen sehr guten Ruf besitzt.

Eine besondere Herausforderung bei der Entwicklung des Drucktanks stellte das Abdichten und Verschließen dar. Ein rasches und gefahrloses Öffnen und Verschließen des Tanks muss bei präzisem und gefahrlosem Handling des Tankdeckels, der knapp drei Tonnen wiegt, jederzeit gewährleistet sein. Hierbei kommt es auf wenige Zehntel Millimeter an, um die teure Tankdichtung nicht zu beschädigen.

„Der Drucktank versetzt uns in die Lage, bezüglich der Druckverhältnisse bereits im Labor solche Umgebungsbedingungen zu schaffen, wie wir sie sonst nur in der Tiefsee vorfinden“, erläutert Professor Paschen. „Die geometrischen Abmessungen des Tanks“, so Paschen, „lassen bereits in der Entwicklungsphase von mobilen und stationären Unterwassergeräten und -komponenten für die Meeresforschung, für den Meeresbergbau oder für das Monitoring von Unterwasserpipelines, Seekabeln etc. kostengünstige und zeitsparende Untersuchungen im Labor zu und führen damit unmittelbar auch zur Senkung teurer und zeitraubender Schiffseinsätze in der Tiefsee. Die Folge sind kürzere Entwicklungszeiten bei deutlich geringeren Entwicklungskosten.“ Das sehen Wissenschaftler des Instituts für Ostseeforschung Warnemünde ebenso wie Geschäftsführer von einschlägigen kleinen und mittelständischen Unternehmen aus dem gesamten norddeutschen Raum.

Es ist davon auszugehen, dass das Vordringen in größere Tiefen vielfältige wissenschaftliche und technische Herausforderungen bereit hält. Das betrifft die einzusetzenden Materialien ebenso, wie Fragen zur Belastbarkeit von Unterwasserstrukturen sowie zur Funktionsfähigkeit und -sicherheit der Konstruktionen, die eine experimentelle Verifikation theoretischer Ergebnisse erforderlich machen.

Der Lehrstuhl für Meerestechnik ist auf Grund seiner langjährigen und erfolgreichen Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Unterwassertechnik in besonderer Weise dafür geeignet, sich rechtzeitig auf diese für die Menschheit so wichtige Technologieentwicklung einzustellen. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind deutsche Wirtschaftsunternehmen und Forschungseinrichtungen auf dem Gebiet der Tiefseetechnologien auf Augenhöhe mit den wesentlichen internationalen Wettbewerbern“, so Paschen.

Politische Zielsetzungen

Ziel der deutschen Politik ist es, den derzeitigen Weltmarktanteil der deutschen maritimen Industrie von etwa drei Prozent deutlich zu erhöhen. Dieser Prozess wird von der Bundesregierung durch Das Forschungsprogramm für Schiffbau, Schifffahrt und Meerestechnik 2011 – 2015 sowie den in der zurückliegenden Legislaturperiode verabschiedeten Nationalen Masterplan Maritime Technologien, unterstützt.

Auszug aus dem Forschungsprogramm für Schiffbau, Schifffahrt und Meerestechnik 2011-2015: „In den kommenden Jahren ist mit verstärkter Offshore-, Öl- und Gasförderung, der Erschließung von Gashydratvorkommen sowie seltener mineralischer Rohstoffe im Tiefseebereich zu rechnen. Die Infrastruktur in diesen Gebieten muss entsprechend ausgebaut werden. Damit kommt der Entwicklung intelligenter Systeme für die Tiefsee eine wachsende und alle Gebiete umfassende Bedeutung zu. Die in der Tiefsee installierten Unterwasseranlagen unterliegen besonders hohen Anforderungen an ihre Zuverlässigkeit. Sie müssen permanent gewartet und inspiziert werden können. Bisher wurden dafür Remotely Operated Vehicles (ROV) mit telemanipulierten Greifarmen eingesetzt. Durch ihre Kabelverbindung an die Oberfläche zu Steuerständen auf Schiffen ist der Einsatz sehr kostenintensiv. Künftig werden zunehmend ferngelenkte oder weitestgehend autonom agierende Unterwasserfahrzeuge und Robotersysteme mit komplexer Sensorik benötigt, um in Meerestiefen bis zu 6.000 Metern oder in eisbedeckten Gebieten Systeme und Anlagen montieren, inspizieren, überwachen und warten zu können…“

(Universität Rostock, 23.08.2013 – KSA)

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