Chemie

Wie Metallcluster wachsen

Karlsruher Institut für Technologie

Erst der Kern, dann die Schale: Forscher aus Marburg und Karlsruhe haben den schrittweisen Aufbau von Metallcluster-Verbindungen, den kleinsten Ausschnitten von Metallen in molekularer Form, verfolgt. Die Hülle formt sich schrittweise um das innere Atom und nicht indem sich das zentrale Atom erst nachträglich einnistet. Das Wissen über die Entwicklungsschritte könnte maßgeschneiderte opto-elektronische und magnetische Eigenschaften ermöglichen, wie die Forscher im Wissenschaftsmagazin „Nature Communications“ berichten.

„Weitgehend eine Blackbox“

Um chemische Verbindungen gezielt synthetisieren zu können, muss man die Mechanismen kennen, die für ihre Bildung verantwortlich sind. „Rein anorganische Verbindungen sind in dieser Hinsicht weitgehend eine Blackbox“, erklären Florian Weigend vom Karlsruher Institut für Technologie und Stefanie Dehnen von der Philipps-Universität Marburg, die Korrespondenzautoren der aktuellen Studie. „Das gilt insbesondere für die Bildung vielkerniger Metallkomplexe, sogenannter Cluster.“

Die Prozesse beim Umbau metallhaltiger Cluster gehen so schnell vonstatten, dass es normalerweise nicht möglich ist, diese Vorgänge und die Zwischenprodukte zu beobachten. „Schon die allerersten Schritte sind noch weitgehend unerforscht und lassen sich nur aufklären, indem man Synthese, Messung und computerchemische Modellierung miteinander kombiniert“, erklären die Experten. Würde man alle Entwicklungsschritte kennen, so ließen sich für technische Anwendungen Metall-Cluster maßschneidern, die fein justierbare opto-elektronische und magnetische Eigenschaften aufweisen.

Clusterbildung mit Katalysator

In der aktuellen Studie verfolgte das Team die Bildung eines vielkernigen Metallclusters, indem es zunächst eine Serie von Clustern verschiedener Größe synthetisierte, die aus den Halbmetallen Germanium und Arsen bestehen. Bei den größeren Vertretern befindet sich ein Atom des Übergangsmetalls Tantal im Zentrum der Käfigmoleküle. Die Befunde aus Messung und Computersimulation legen nahe, dass das Übergangsmetall bei der Clusterbildung sehr früh ins Spiel kommt.

„Es kann als ein Art Katalysator angesehen werden, der das Knüpfen und Lösen von Bindungen anstößt“, so Weigend und Dehnen. Alles in allem zeigen die Befunde, dass sich das Übergangsmetall nicht in eine vorweg entstandene Clusterhülle einfügt, sondern dass sich die Schale des Clusters schrittweise um das Atom im Zentrum herum bildet. „Die Ergebnisse lassen sich für eine ganze Familie metallischer Clusterverbindungen verallgemeinern“, sind sich Weigend und Dehnen sicher.

Isomere im Blick

Ergänzend zu den chemischen Synthesen und Messungen in Marburg wurden für die vorliegende Studie umfangreiche Computersimulationen in Karlsruhe mit dem in großen Teilen am KIT entwickelten Quantenchemie-Programmpaket TURBOMOLE vorgenommen. Dadurch wurde es möglich die Rolle der vielen Isomere in der Reaktion aufzudecken. Isomere sind chemische Verbindungen gleicher Zusammensetzung, die sich aber in der räumlichen Anordnung der Atome unterscheiden. „Dank der Berechnung der Reaktionspfade haben wir herausgefunden, dass Umwandlungen zwischen Isomeren unter verhältnismäßig geringem Energieaufwand möglich sind“, so Weigend.

Neben Dehnen und Weigend sowie dem Doktoranden Stefan Mitzinger sind die Humboldt-Stipendiatin Lies Broeckaert und Werner Massa, ehemaliger Leiter der Marburger Abteilung für Kristallstrukturanalyse, an der aktuellen Veröffentlichung beteiligt. Die zugrunde liegenden Forschungsarbeiten wurden durch die Alexander von Humboldt-Stiftung, die Friedrich-Ebert-Stiftung sowie die Deutsche Forschungsgemeinschaft finanziell unterstützt.

(Karlsruher Institut für Technologie, 26.01.2016 – NPO)

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