Einen dicken Fisch hat das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) aus Berlin an Land gezogen: Das Wasserforschungsinstitut hat die Federführung in einem knapp sechs Millionen Euro schweren EU-Projekt, das der kombinierten Fisch- und Gemüsezucht – Aquaponik genannt – den Weg in die Praxis ebnen soll.
In dem auf vier Jahre angelegten Vorhaben INAPRO (“Innovative model & demonstration based water management for resource efficiency in integrated multitrophic agriculture and aquaculture systems”) werden in Deutschland, Spanien, Belgien und China vier große Aquaponik-Demonstrationsanlagen auf jeweils rund 500 Quadratmeter zunächst modelliert, dann gebaut und evaluiert. „Über dieses neue Projekt freuen wir uns riesig. Gemeinsam mit unseren 18 Partnern aus acht Nationen können wir die Aquaponik nun den entscheidenden Schritt voranbringen“, erklärt Projektkoordinator Dr. Georg Staaks.
Tomatenfisch: Doppelnutzung von Resourcen
Das Kofferwort Aquaponik setzt sich aus den Begriffen Aquakultur (Fischzucht) und Hydroponik (erdfreie Pflanzenzucht) zusammen. Die Technik ermöglicht die Doppelnutzung von Wasser, Nährstoffen, Energie und Fläche. Das aufbereitete Fischwasser dient dabei als Dünger für die Pflanzen. Am IGB haben Forscher in einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt ein ganz besonderes Aquaponikverfahren entwickelt.
Das patentierte „ASTAF-PRO“ (Aquaponik-System zur emissionsfreien Tomaten- und Fisch- Produktion) – auch „Tomatenfisch“ genannt – besteht aus einem geschlossenen Gewächshaus, in dem jeweils ein Aquakultur- und Hydroponik-Kreislauf installiert sind. „Das spezielle System reguliert die Flüssigkeitsströme zwischen den beiden Teilbereichen der Anlage. So können in beiden Teilsystemen die jeweils optimalen Wachstumsbedingungen hergestellt werden. Diese besondere Effizienz bieten die bisherigen traditionellen Aquaponiksysteme nicht“, erläutert Prof. Dr. Werner Kloas, Leiter der Abteilung Ökophysiologie und Aquakultur, einer der „Tomatenfisch“-Erfinder.
Neue Marktchancen, neue Lösungsansätze
INAPRO soll dazu dienen, die technische und wirtschaftliche Machbarkeit in größerem Maßstab des Systems zu demonstrieren und die Implementierung in die Nahrungsmittelproduktion voranzutreiben. „INAPRO eröffnet neue Marktchancen für Hersteller und Anwender von Aquaponiksystemen innerhalb und außerhalb von Europa. Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen ist das ein äußerst attraktives Segment“, unterstreicht Staaks.
„Die Weltbevölkerung wächst rasant und damit auch der Hunger nach Ressourcen. Nicht-nachhaltige Landwirtschaft und der Klimawandel verschärfen die Situation. Wir brauchen dringend neue Lösungsansätze für die Nahrungsmittelproduktion und das Wassermanagement. Unsere Technologie kann zur Lebensmittelsicherheit im 21. Jahrhundert einen wichtigen Beitrag leisten“, erläutert Kloas die Hintergründe. „Mit unseren Projektpartnern aus Wissenschaft und Praxis wollen wir Politik, Wirtschaft und Verbraucher für die innovative Technologie begeistern“, resümiert Staaks. Zusätzlich baue eine Künstlerin mehrere kleine und mobile Showcases, um die Aquaponik auch für die Öffentlichkeit greifbar zu machen.
(Forschungsverbund Berlin e.V., 11.02.2014 – AKR)