Für sie ist die Fünf gelb, sie sehen blau bei Klavierklängen oder schmecken Joghurt beim A: Synästheten erleben die Welt um sich herum nicht in säuberlich getrennten Sinneseindrücken, sondern als Gesamtkunstwerk. Zahlen, Buchstaben oder Klänge erwecken bei ihnen gleichzeitig auch Farben, Gerüche oder Geschmack. Lange Zeit galten sie als „Spinner“, „überkandidelt“ oder verrückt, doch heute weiß man, dass ihr Gehirn einfach anders arbeitet.
Der Physiker Richard Feynman gehört dazu, aber auch der Musiker Leonard Bernstein und der Schriftsteller Wladimir Nabokov: Sie alle sind Synästheten. Bei ihnen ist die Wahrnehmung eines Sinnes untrennbar mit der gleichzeitigen Wahrnehmung in einem anderen Sinnesbereich verknüpft. Und diese neurologische Besonderheit ist weitaus häufiger als früher angenommen: Knapp fünf Prozent, nach anderen Schätzungen sogar bis zu einem Fünftel aller Menschen könnte synästhetisch veranlagt sein.
Was aber verleiht ihnen diese erstaunlichen Fähigkeiten? Klar scheint, dass die normalerweise im Gehirn in streng getrennten Arealen verarbeiteten Sinneseindrücke bei Synästheten aus noch ungeklärten Gründen überlappen, sie aktivieren angrenzende Hirnareale gleich mit. Wie genau dies geschieht und warum, ist allerdings noch immer größtenteils rätselhaft.
Inhalt:
- Wechselgeld schmeckt nach Käse
Wenn die Sinne überlappen - Das Klavier ist königsblau
Im Reich der „Farbenlauscher“ - Das Geheimnis des roten Dreiecks
Was passiert bei Synästheten im Gehirn? - Familiensache
Synästhesie und Vererbung - Zufallsfund im Mäusehirn
Ein Schmerz-Gen entpuppt sich als Synästhesie-Auslöser - Tief ist dunkel, hoch ist hell?
Das Rätsel der Unterschiede und Gemeinsamkeiten - Die vollkommene Wahrnehmung
Synästhetische Verschmelzung als Mode - Zwischen Kuriosität und Irrenhaus
Reaktionen auf die Synästhesie heute
Nadja Podbregar