„Der Schlammvulkan auf der indonesischen Insel Java kommt nicht zur Ruhe: Ganze Dörfer und zahlreiche Industrieanlagen sind bereits von den übel riechenden Fluten bedeckt. Ein Ende der Eruptionen ist nicht in Sicht und mehr als 15.000 Menschen befinden sich bereits auf der Flucht…“ So oder ähnlich lauteten im Sommer 2006 die Schlagzeilen, als nahe der Millionenstadt Surabaya im Südosten der Insel einer der größten Schlammvulkane der Welt regelrecht Dampf abließ.
Fontäne aus der Tiefe
Dabei hatte zunächst alles recht harmlos angefangen: Bei Probebohrungen auf der Suche nach Erdgas hatten Techniker vermutlich ein unterirdisches Wasserreservoir in 3.000 Metern Tiefe angezapft. Mit verheerenden Folgen. Denn das Wasser steht unter enormem Druck und schießt nun durch das Bohrloch wie über ein geöffnetes Ventil an die Erdoberfläche.
„Die Jagd nach Öl und Gasreserven wird immer risikoreicher“, erklärt dazu Gabriela von Goerne, Geologin und Klimaexpertin von Greenpeace. „Was in Indonesien geschehen ist, kommt dem Versuch gleich, mit einer Nadel in einen Luftballon zu stechen und zu hoffen, dass der nicht platzt.“ Waren es zu Beginn der Katastrophe „nur“ wenige tausend Kubikmeter Schlamm, die täglich aus der Tiefe quollen, so sind es inzwischen mehr als 160.000 Kubikmeter. Immerhin ließen sich damit mehr als 50 olympische Schwimmbecken füllen – Tag für Tag.
Inzwischen wird die Lösung des Problems immer drängender. Denn das eilig errichtete Schutzsystem aus Dämmen und Deichen rund um den Schlammkrater hat sich als nicht besonders zuverlässig erwiesen und der Druck auf die Wälle wächst mit jedem Tag weiter an. So hat der Matschberg an der zentralen Austrittsstelle inzwischen eine Höhe von vierzehn Metern erreicht und der zugehörige Schlammsee dehnt sich immer weiter aus. Als kurzfristige Lösung wird nun ein Teil der Schlammmassen in den nahe gelegenen Fluss Porong und über eine Pipeline auch direkt ins Meer geleitet.
Kampf gegen die Schlammfluten
Die indonesische Regierung bemüht sich nun verstärkt, der katastrophalen Lage Herr zu werden. Bislang allerdings erfolglos. So sollte der Krater zunächst mithilfe herkömmlicher Bohrtechnologie wieder verschlossen werden. Dafür wurde sogar eigens ein amerikanisches Expertenteam eingeflogen, das seinerzeit im Irak-Krieg die brennenden Ölfelder zum Versiegen gebracht hatte. Doch diesmal scheiterten die Bemühungen daran, dass sich der Schlamm inzwischen auch über zahlreiche Nebenkrater seinen Weg nach oben bahnte. Ebenso misslang der Versuch, die Austrittsstellen mithilfe großer Betonkugeln zu versiegeln.
Große Hoffnung setzen die Betroffenen nun in die neuesten Pläne japanischer Wissenschaftler. Medienberichten zufolge wollen diese einen vierzig Meter hohen Turm rund um den Krater errichten. Sobald dieser von innen voll gelaufen ist, könnte das Eigengewicht des Schlammes das Bohrloch wie einen Korken verschließen. Kostenpunkt für das aufwändige Vorhaben: Rund 50 Millionen Euro. Noch ist die Finanzierung allerdings nicht gesichert.
Glück im Unglück?
Paradoxerweise hofft die indonesische Regierung, vielleicht sogar einen Nutzen aus der Katastrophe ziehen zu können. Denn der ins Meer geleitete Schlamm soll entlang der Küste als Grundlage für neue Mangrovenwälder und die ökologische Zucht von Garnelen dienen. „Ob die Rechnung aufgeht, ist unsicher“, meint jedoch Tim Jennerjahn vom Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT). „Erste Messungen haben ergeben, dass der Schlamm sehr nährstoffarm ist und einen relativ hohen Anteil an Schwermetallen hat“.
Stand: 01.06.2007