Trotz aller Ähnlichkeiten bestehen zwischen einem Computer und einem Menschen, der Informationen verarbeitet, grundsätzliche Unterschiede. Das Gehirn enthält keinen fertigen Satz bereits vordefinierter Software-Algorithmen – es muss sich in einem Prozess der Selbstorganisation an die jeweiligen Lebenssituationen anpassen und kann durch Lernprozesse zu mehr oder weniger bemerkenswerten Leistungen befähigt werden.
Unser Hirn versetzt uns in die Lage, mit völlig neuen und unerwarteten Situationen fertig zu werden – eine Aufgabe, an der konventionelle Computer regelmäßig scheitern. Das Gehirn kann selbst dann noch sehr leistungsfähig arbeiten, wenn es Schaden genommen hat und weist somit eine bemerkenswerte Fehlertoleranz auf. Ein einziger fehlerhafter Transistor in einem Mikroprozessor hingegen kann das komplette System nutzlos werden lassen. Und schließlich benötigt das Gehirn für seine Leistungen verglichen mit einem PC erstaunlich wenig Energie.
Noch bemerkenswerter werden die Unterschiede zwischen biologischer und elektronischer Informationsverarbeitung, schaut man sich die mikroskopische Struktur der beiden Systeme an.
Computer: unterschiedliche Einheiten arbeiten zusammen
Das von Ingenieuren entworfene künstliche Computersystem besteht aus unterschiedlichen, hoch spezialisierten Einheiten, etwa verschiedenen Speichertypen und Rechenwerken. Diese Einheiten tauschen binäre Daten (also Nullen und Einsen) untereinander aus, die sowohl Informationen als auch Instruktionen für deren Verarbeiten repräsentieren. Die Rechenregeln für das Bearbeiten dieser binären Daten werden durch die Algebra beschrieben, die der Mathematiker George Boole im Jahr 1847 ersonnen hat. Das Austauschen und Verarbeiten der binären Daten erfolgt dabei strikt synchron in einer Frequenz, deren Takt von einer zentralen Uhr vorgegeben wird.
Die Schnelligkeit dieser zentralen Taktgeber hat in den letzten Jahren stark zugenommen und liegt heute bei einigen Milliarden Zyklen pro Sekunde. Diese Einheit bezeichnet man als Gigahertz (GHz). Aufgrund des synchronen Taktes lässt sich der Zustand eines solchen Computers zu jedem beliebigen Zeitpunkt vollständig speichern und auf andere Systeme übertragen. Die Architektur moderner Computer folgt grundsätzlich der von dem Physiker und Mathematiker John von Neumann um 1945 beschriebenen von Neumann-Maschine.
Gehirn: Uniforme Strukturen mit Arbeitsteilung
Die mikroskopische Struktur des menschlichen Gehirns ist sowohl in seiner Architektur als auch in seiner Dynamik erheblich vom Computer verschieden. Für die Großhirnrinde, den „Kortex“, des Menschen liegt seit langem eine räumliche Kartierung vor, die beispielsweise zeigt, wo bestimmte Sinneseindrücke oder motorische Funktionen verarbeitet werden. Trotz dieser funktionalen Spezialisierung weist das System Kortex mikroskopisch betrachtet eine erstaunliche räumliche Uniformität auf – allein das unterscheidet es bereits von einem Mikroprozessor mit seinen deutlich unterscheidbaren Einheiten.
Die etwa 10 hoch 12 (1.000 Milliarden) Nervenzellen des Gehirns sind über etwa 10 hoch 15 (1.000 mal 1.000 Milliarden) synaptische Verbindungen miteinander verknüpft. Die räumliche Distanz zwischen den Nervenzellen wird dabei durch ein Netzwerk von Axonen, ableitenden Verbindungen, und Dendriten, zuleitenden Verbindungen, überwunden. Der Kortex ist einige Millimeter dick und weist durchgehend sechs Schichten auf mit jeweils charakteristischen Zelltypen und Verbindungsstrukturen.
Karlheinz Meier / Universität Heidelberg / Ruperto Carola
Stand: 31.10.2008